Aufruf zur Unsicherheit

Dieser Text ist ein Plädoyer für den Mut zur Unsicherheit, mitunter sogar zur handelnden Naivität, die in ihrer Einfachheit immer schon Elemente des Widerstandes gegen die verwaltete Welt enthält. Ich möchte Werbung machen für diesen einen Gedanken, der doch das ganze Leben so sehr zu verändern vermag, ist er einmal in vollkommender Klarheit ins Bewusstsein getreten. Dieser eine Gedanke, aus dem so viel Schönes wie Schreckliches erwächst, ist dieser: Es gibt keine Sicherheit. Unsere Existenz ist ein Schwindel, und zwar im doppelten Sinne. Uns wird schwindelig bei der Überlegung, wo wir herkommen, hingehen und wer wir sind. Das Nachdenken darüber, was außerhalb des Erfahrbaren liegt, ist immer wieder ein wilder Trip durch Metaphysik und Hirngespinste. Irgendwie cool und aufregend, aber stets ist man dabei bedroht, von der Wucht des Unbegreifbaren vollends aus der Fassung gebracht zu werden. Im Grunde ist diese Unternehmung ein großer Irrsinn, will sie sich doch in Gefilde begeben, die sich der Form unseres Erkennens vollends verschließen. Sie ist das Auslesen und Ausloten von Grenzen und nichts außerdem. Ein Schwindel ist unsere Existenz aber auch auf der zweiten Bedeutungsebene des Begriffs: Die Welt um uns herum ist Vorstellung, Erscheinung, Anschauung – Data aus der uns umgebenen Umwelt durchlaufen den Filter unseres Sinnesapparates und erzeugen die Illusion einer von unserer eigenen Subjektivität getrennten Außenwelt. Was die Dinge und wir selbst an sich sind, welche Beschaffenheit alles Seiende außerhalb der Modi Raum, Zeit und Kausalität hat – davon wissen wir nichts und nur hier ist Raum für Metaphysik, die aber notwendig schnell an die beschriebenen Grenzen gerät und dann für den Alltag recht eigentlich keine Bedeutung mehr besitzt. Wichtiger ist, was wir aus dem Leben nachdenkend für unser Leben herleiten können. Sowohl durch intensives Grübeln über die Existenz als auch durch eine einschneidende Erfahrung kann der Mensch mit seiner eigenen Nichtigkeit und Unbestimmtheit konfrontiert werden. Bei manchen mag sich dieses Gefühl des „der-Welt-ausgesetzt-sein“ oder des „in-die-Welt hineingeworfen-sein“ sogar auch einfach ganz spontan und situationsunabhängig einstellen: auf einmal ist es da, dieses Wissen darum, eine nicht notwendige, aber mögliche Existenz zu verkörpern, die sich nur des Todes gewiss sein
kann. Wir finden uns umschlossen von Bedingungen und Konditionen, auf deren Bestehen wir zunächst (und in großen Teilen auch nie) einen Einfluss haben und doch müssen wir uns darin als
selbstständige und selbsttätige Wesen begreifen, wollen wir uns nicht selbst den Status der Hand-
lungsfreiheit- und Handlungsfähigkeit absprechen. Das ist wahrlich nicht immer eine leichte Hürde und ehrlich gesagt scheint mir das Gros der Menschen diese existenzielle Freiheit sehr bereitwillig an künstliche Autoritäten abzugeben, aber es ist, darauf möchte ich mit diesem Text hinaus, eine Hürde, die zu nehmen sehr erstrebenswert ist. Bisweilen sehnsüchtig denken wir daran zurück, wie es im Mutterleibe um uns bestellt war, wie wir um nichts fürchten und für nichts Unternehmungen anstellen mussten. Natürlich erinnern wir uns nicht, doch ist die gedankliche Rekonstruktion dieses Zustandes sehr verführerisch. Und doch ist dieser Zustand vollkommener Geborgenheit dahin, sobald das Bewusstsein der Handlungsfreiheit und
Ungebundenheit eingesetzt hat – mit dem unfreiwilligen Eintritt in den Subjekt-Status bleibt nichts als das Wissen, dem Prinzip nach ein freies Wesen mit Verantwortung für sich, seine Entscheidungen und den Konsequenzen, die daraus erwachsen, zu sein.
Wie auch immer dieses Wissen, dieser Schock des Existieren-Müssens ins Bewusstsein getreten sein mag: ist es einmal da, muss sich damit auseinander gesetzt werden. Aber was genau heißt das? Wer einmal die Erfahrung gemacht hat, in eine unvorhergesehene Situation hineingeworfen worden zu sein, die ihn zum wie auch immer gearteten Handeln zwingt, kann vielleicht besser nachvollziehen, worauf dieser Text hinaus will. Der individuelle Mensch ist nämlich nicht bloß in eine einzige Situati-on hineingeraten, die er sich nicht ausgesucht hat und die von ihm verlangt, aktiv zu werden; jeder individuelle Mensch ist ins Leben selbst geraten, ohne diesen Eintritt irgend veranlasst oder geplant zu haben. Auf einmal sind wir und werden uns mit zunehmenden Alter genau dieses Umstandes bewusst: zu sein. Und da wir nicht anders können, als kausal zu denken, d.h. die Idee des Ursache-Wirkungs-Prinzips ein Modus menschlichen Erkennens überhaupt ist, sind wir sehr schnell bemüht, uns und unserem Leben einen Zweck zu geben. Wir begreifen uns als kontinuierliche Ursache für einen Zweck, der uns im Moment der Bewusstwerdung unseres Daseins gar nicht bekannt ist und sein kann. Wir sind einfach und wissen nicht, wieso, weshalb, warum. Dieser Umstand ist der Urquell alles Göttlichen, aller Religionen, aller Metaphysik, Esoterik und Spiritualität. All diese Erfindungen des Menschen sind Reaktionen darauf, sich einen Zweck nachträglich ins Leben zu holen. All diese
Erfindungen sind feige Ausflüchte vor und Pseudoerklärungen für die so schwer zu akzeptierende Möglichkeit, dass unser Leben sinn-, zweck- und ziellos ist. Es verlangt eine Menge und von den meisten Menschen nicht zu leistenden Mut, sich dieser sich unserem ganzen Selbstverständnis und Empfinden so sehr widersetzenden Möglichkeit zu stellen: Vielleicht sind wir einfach da, ohne zu irgendetwas Großem bestimmt oder Teil einer Universalität zu sein. Da muss mensch erst einmal schlucken, ist er doch (jedenfalls im sogenannten globalen Norden) kulturgeschichtlich regelrecht auf den Gedanken gedrillt worden, Mittelpunkt alles Seienden zu sein.
Sich jetzt zu begreifen als eine objektive Nichtigkeit, als etwas, das genauso gut nicht sein müsste, ist ein krasser Einschnitt in sein narzisstisches Selbstbild. Aber wer genau diesen Einschnitt, diese Zäsur in der Wahrnehmung und Bewertung des eigenen Daseins einmal zulässt, wird schnell merken, wie befreiend diese Kränkung ist. Der Druck und die Last, für etwas bestimmtes Leben zu müssen, als Teil eines metaphysischen Plans funktionieren zu müssen oder sich einer esoterischen Idee zu unterwerfen, fallen mit einem mal weg. Und das schafft Platz. Platz zwar für die Unsicherheit, sich nicht in vorgefertigten Mustern bewegen zu können, sondern frei entscheiden zu müssen. Platz aber auch für den Akt der Selbstermächtigung
und Platz für ein materialistisches Weltverständnis, das uns zu Akteur*innen macht.
An die Stelle autoritär geprägter Lebensentwürfe tritt die Notwendigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen und das Schicksal selbst in die Hände zu nehmen. Es braucht also Mut, dieses Wissen um die eigene Unbestimmtheit nicht einfach wieder tief in seine Gewohnheiten zu vergraben und wieder fremdbestimmten Mustern zu genügen, es braucht den festen Entschluss, die Sicherheit der künstlichen Fremdbestimmung aufzugeben und sich aus den Ketten der Automatismen zu befreien. Doch wer diesen Entschluss einmal fasst und bereit ist, ihn aufrecht zu erhalten, der erhält zum Lohn dieses irgendwie erhabene Gefühl, das sich bei der gezielten Konfrontation mit der Unsicherheit einstellt und echter ist als jedes weichgespülte Leben in Fremdherrschaft. Ich kann nur empfehlen, den Gedanken an die grundsätzliche und durch keine gesellschaftlichen und kulturellen Konventionen zu tilgende Freiheit jedes Individuums, d.h. auch des eigenen Lebens, immer wieder zuzulassen und ihn zur Maxime des eigenen Handelns zu machen.
Natürlich ist, wer Entscheidungen selbst trifft und sie nicht zum Gegenstand übergeordneter Interessen macht, stets bedroht, auch Fehler zu machen, für die dann die volle Verantwortung sich einstellt.
Aber was sind schon Fehler? Gut und Böse sind zwar nützliche, aber mehr noch gefährliche Kategorien zur Weltvereinfachung. Das Denken in Dualismen und abstrakten Begriffen ist geradezu unvermeidbar, aber es kann der komplexen Wirklichkeit niemals auch nur im Ansatz gerecht werden und ist nicht selten der ideologische Nährboden für Grausamkeiten aller Art.
Dieses Denken ist daseiendes Werkzeug der Weltaneignung, aber ohne kritische Reflexion bei der Anwendung verkommt es zum Instrument der Macht und Herrschaft. Worauf ich aber hinaus will: Natürlich fasse ich, wenn ich mich zu entscheiden entscheide, auch solche Entschlüsse, deren Konsequenzen anders ausfallen als erhofft oder die sogar ein kalkuliertes Risiko besitzen, aber wenigstens habe ich in einem solchen Fall nicht gehorcht, sondern gehandelt. Das scheint mir mehr wert zu sein als jede Tätigkeit, die auf Befehl ausgeführt wird und im Sinne des vorherrschenden Diskurses als nützlich betrachtet wird.
Ich möchte also abschließend den Grundgedanken meines Anliegens in aller Kürze zusammenfassen:
Wir kommen als Wesen zur Welt, deren Sinn und Zweck unbekannt oder schlicht nicht vorhanden ist. Gleichzeitig aber sind wir konditioniert, in Kausalzusammenhängen zu denken und suchen daher fieberhaft nach dem Grund unserer Existenz. Diesen Grund erschwindeln wir uns zum Beispiel durch Religionen. In dem Leben der meisten Menschen wird es Momente geben, in denen die Kontingenz (Möglichkeit bei Nicht-Notwendigkeit) gnadenlos ins Bewusstsein bricht, andere leiten sich diesen Gedanken evtl. gezielt her. Ist er einmal ins Bewusstsein getreten, gibt es zwei Optionen: Entweder der Mensch flüchtet sich zurück in die Fremdbestimmung (Autoritäten aller Art) oder er begreift sich als freies und sinnentbundenes Subjekt, das die Verantwortung für sein Leben selbst in die Hand nimmt und mit bisweilen spielerischer Naivität die Dinge probiert. Zwar sind die Konditionen unseres Daseins ohne unseren Einfluss determiniert, innerhalb dieses epistemologischen Rahmens sind wir aber freie Wesen, die die Flucht nach vorn statt in die Unmündigkeit antreten sollten.

Dystopia-Magazine-Ausgabe #2

Hey liebe Dystopia Leser*innen,

Wir haben die zweite Ausgabe fertig! Wir wünschen allen Anregungen und Inspiration. Manches macht auch echt wütend, aber ein wenig Spaß soll auch dabei sein. Vielleicht findet ihr mit der 2. Ausgabe kleine Ideen die Emotionen zu kanalisieren, aber achtet dabei stets auf euch selbst und andere. Bis bald und sendet uns eure Inhalte wenn ihr in der Dystopia etwas veröffentlichen wollt! Menschen, die eine Print Ausgabe haben möchten, können uns anschreiben und wir schauen was sich machen lässt.

Ihr könnt die 2. Ausgabe und alle anderen hier als PDF downloaden und auch gerne selber drucken und veröffentlichen!

Widerstand gegen die koloniale, patriarchale, industrielle Zivilisation!

Zum 8. März – Anarchie und Liebe?

Ⓐnarchie und Liebe ?
Auch in so einer seicht wirkenden Sache wie der Liebe steckt eine gehörige Prise
Herrschaft. Sogar fast staatlich angeordnet.
Liebe wird in unserer Gesellschaft gern mit der ‚Ehe‘ abgesegnet, offiziell zertifiziert und
als Krönung der Liebe gibt’s dann oft ein daraus (oder darin) entstandenes Kind. Diese
abgesegnete Liebe bildet unter anderem einen der elementarsten Bausteine zum Erhalt
des Patriarchats.
Alles streng heteronormativ und als Modell in unserer Gesellschaft bis in die letzte Ecke
verankert. Die Familie als ‚Nachweis‘, Liebe zu verbildlichen.
An das Idealbild, wie es ‚richtig‘ ist, sollen sich möglichst alle halten. Alles außerhalb der
Regeln ist merkwürdig, gehört sich nicht oder gilt sogar als falsch.
(hierbei sei angemerkt, dass es vollkommen legitim ist, wenn Menschen sich in einer
heteronormativen Beziehung wohl fühlen, wenn es dann selbst gewählt und frei
empfunden ist)
Liebe ohne einen gesellschaftlich anerkannten Stempel wird in der Regel negativ
konnotiert. Der Begriff „wilde Ehe“ ist da verhältnismäßig harmlos. Liebe ohne Ehe oder
einem ähnlichen festen Konstrukt als Überbau, wird entweder gar nicht erst ernst
genommen oder abfällig betrachtet.
Bei männlich gelesenen Personen, die sich nicht im vorgegebenen Zeitfenster mit dem
‚entsprechenden Gegenstück‘ ausstatten, werden ‚krankhafte Neigung‘ oder andere
diskriminierende ‚Abweichungen‘ vermutet. Bei weiblich gelesenen Menschen, Frigidität
oder sonstige Unverschämtheiten unterstellt.
Liebe ist nur ‚richtig‘ wenn sie in eine ‚ordentliche‘ Struktur namens Ehe mündet. Dies wird
vom Staat gefördert. Unzählige Alltagssituationen sind genau auf diese Konstellationen
ausgerichtet.
Beispiele:
▫️ Wohnungen und Hausaufteilungen sind meist auf ‚Ehepartner‘ inkl. der dazugehörigen
Kinder ausgerichtet.
▫️ Steuervorteile für monogame und heteronormative Ehekonstellationen mit
zugrundeliegender binärer Geschlechterordnung.
▫️ Adoptionen oder ein schlichtes Besuchs-, und Informationsrecht im Krankenhaus.
Doch zur Liebe gehört doch so viel mehr als nur die ‚praktischen‘ Umstände die mit
stinkender Farbe konservativ angepinselt sind. Die Emotion nämlich.
Liebe, wie sie in unserer Gesellschaft gekannt wird, ist nie so richtig frei. Sie bekommt
immer einen ‚Namen‘ oder eine ‚Kategorie‘. Wird in irgendeiner Form restringiert und
gegängelt, als Teil eines komplexen Systems, in dem Liebe als eins der ‚Goodies‘ im Leben
herangezogen wird, aber eigentlich nichts weiter als eine weitere starre Stange im Korsett
des Systems ist.
Erzählt wird den Menschen, es gibt eine einzig wahre Liebe. Es gibt die eine große Liebe.
Diese gilt es zu finden und sich dann auf ewig zu binden. Am besten schnell und ohnegroße Umwege. Ist man dann verheiratet, ist man ‚vom Markt‘. Aussagekräftiger könnte
diese Lebenssituation nicht bezeichnet werden.
Und dennoch erscheint es doch sehr unrealistisch, eine einzige Person über die gesamte
eigene Lebenszeit zu lieben, lieben zu können, oder zu wollen. Zudem liegt dies oft nicht
einmal in der eigenen Hand, … den Hormonen oder dem Herzen?
Nicht nur durch das gesellschaftliche, sondern zudem noch dem religiösen Korsett,
kommen viele weitere Regeln hinzu wie Liebe gelebt werden: darf, soll, muss.
Die Absurdität nimmt weiter zu, wenn die Liebe dann einen der geltenden Namen zugeteilt
bekommen hat. Ist Mensch in einer ‚Beziehung‘, dann bitte immer fest und nur als
Zweierbeziehung. Einmal eingeordnet ist auch das böse Wort ‚fremdgehen‘ nicht weit.
Wird dies in Zweierbeziehungen Thema, dann ist Mensch gescheitert. Doch ‚Fremdgehen‘
kann Mensch ja aber auch eh nur, wenn vorher Besitzansprüche festgelegt wurden. Wie
kann es sein, dass Menschen sich gegenseitig ‚gehören‘ sollen?
Die jetzige Gesellschaft fordert, dass Mensch seine Liebe festlegt. Der Idealfall:
heteronormativ, monogam und statisch.
Natürlich gibt es dann noch die ‚Exoten‘. Die, die polyamor leben oder auch das Konzept
der offenen Beziehungen realisiert haben. Jedoch auch diese Beziehungsformen haben
nicht selten starre Regeln. Die aus Besitzansprüchen geboren werden, in Regeln münden
und das unzähmbare Ding namens Liebe umranden sollen.
Aber eins steht doch fest: Liebe braucht sich nicht auf. Liebe kann mit vielen geteilt
werden.
Manchmal wird sie vielleicht weniger, manchmal mehr. Das Leben ist lang.
Nur weil Liebe mit dem Stempel ‚Ehe‘ oder ‚Beziehung‘ versehen ist, bleibt sie keinesfalls
davon unberührt sich zu verändern, zu verblassen oder in andere Richtungen zu
empfinden. Dies verursacht dann nicht nur großen emotionalen Schmerz, sondern vor
allem auch Verlustängste und insbesondere die ‚Besitzansprüche‘ in Partnerschaften
betreffend, ist dies der ideale Nährboden für Femizide.
Liebe und Besitz gehören einfach nicht zusammen. Niemals und in keiner Form.
Liebe und Anarchie dann aber doch schon viel mehr 🙂
Denn Liebe ist frei. Liebe kann eine Gestalt haben, sich nach etwas bestimmten
anfühlen. Jedoch kann sie doch nie festgehalten oder forciert werden.
Liebe ist, genau wie Freundschaft, keine begrenzte Ressource. Ist selten statisch und
muss auch nicht zwischen nur zwei Menschen stattfinden.
Lassen wir uns darauf ein, lernen wir emotionale Freiheit kennen, die nicht geprägt ist von
beschissenen Herrschaftsvorgaben, von Traditionen, herkömmlichen Werten & Normen.
Stattdessen gewinnen wir viel, wenn wir uns (im Konsens) auf neue Pfade begeben
können.
Romantisch oder freundschaftlich. Sexuell oder platonisch. All das kann Grund sein, warum
Menschen eine zeitlang oder auch lebenslang zusammen, ein Stück oder mehrere Stücke,
Lebensweg gemeinsam gehen.Farbenfrohes Verliebtsein, tiefe freundschaftliche Liebe, sexuelle Anziehung oder aber
auch eine vollkommene Kongruenz zweier (oder mehrerer) Menschen, deren ‚Sein‘ und
Geist nicht nur eine starke Verbindung bildet, sondern Liebe, ganz ohne körperliche
Interaktion.
Liebe beruht nicht immer auf Gegenseitigkeit und kann auch dann doch Dinge bewegen.
Manchmal ist Liebe auch einfach ein Gefühl der Verantwortung dem, der oder den anderen
gegenüber.
Als eine durch starke körperliche oder geistige Anziehung in Erscheinung tretende Emotion
verändert sich die Liebe stetig.
Durch einen selber und durch das sich verändernde Umfeld.
Somit ist es nur logisch, dass sich auch Liebesbeziehungen ändern.
Sich umeinander sorgen oder vielleicht auch sich gegenseitig versorgen. Aufeinander
aufpassen, sich gegenseitig stärken und Banden bilden in denen keine Vorgaben Pflicht
sind, sondern einfach die gegenseitige Liebe der Motor ist, die Welt zu einem Ort zu
machen, auf dem es für alle Lebewesen lebenswert ist, zu sein. Herrschaftsfrei, gewaltfrei,
gemeinschaftlich und autonom zugleich.
Liebe hat vielerlei Gestalt und ist viel zu ungestüm um nicht anarchistisch zu sein.
Liebe ist und bleibt frei. Daran lässt sich auch durch das aufstellen von Regeln nichts
ändern.
Liebe kann nicht dominiert werden und in vorgefertigte Strukturen gepresst werden. Damit
geht ihr Zauber, ihre Elektrizität und diese unbändige Kraft verloren, die sie auslösen kann.
Verschüttet sie unter Normen und Werten.
❥ Liebe ist Anarchie.
❥ … und Anarchie ist Liebe

Kolonisierung & Dekolonisierung

Ein Handbuch für indigene Befreiung im 21. Jahrhundert

Zum Gebrauch dieses Handbuchs
Dieses Handbuch ist in vier Teile gegliedert. Der erste Teil definiert Kolonialismus, seine Methoden und Geschichte bis heute (z.B. Invasion und Besetzung des Irak durch die USA). Der zweite Teil beschreibt im Detail die Effekte des Kolonialismus auf indigene Völker, einschließlich der soziologischen und individuellen Auswirkungen. Der dritte Teil untersucht das Konzept der Dekolonisierung, der vierte Teil diskutiert die Dekolonisierung in Nordamerika. Es wird erkennbar, dass die Befreiung der indigenen Völker in Nordamerika eng verbunden ist mit einem globalen Prozess des Widerstands und des Überlebens. Dieses Handbuch ist sowohl für den Selbstunterricht als auch für die Verwendung im Unterricht gedacht. Die [im Anhang] folgenden Stundenpläne können in der Schule genutzt oder angepasst werden.

„Wissen macht eine Person unfähig Sklave zu sein“ – Frederick Douglas

„Befreiung ist die Aufgabe, die uns durch Eroberung und Kolonisierung aufgezwungen wurde.“ – Chinweizu, The West and the Rest of Us, Seite 33

Worüber Bäume reden

Nachträglich gegendert

Quelle: https://naturwald-akademie.org/waldwissen/waldtiere-und-pflanzen/baeume-tauschen-sich-aus/

Bäume nehmen über die Blätter und Wurzelspitzen ständig Informationen aus der Umwelt auf, verarbeiten sie und handeln dementsprechend. Sie kommunizieren im Organismus und miteinander.

Biolog*innen und andere Wissenschaftler*innen haben erkannt, dass Pflanzen wesentlich mehr können, als angenommen. Sie schmecken, riechen, fühlen, hören und sehen. Selbst wenn Bäume, Sträucher und Kräuter keine Sinnesorgane und kein Gehirn besitzen, sie nehmen die Signale aus der Umwelt z.B. über das Licht oder das Wasser mithilfe der Blätter und der Wurzeln wahr. Zudem werden weltweit Belege für das kommunikative Verhalten von Pflanzen gefunden.

Der italienische Pflanzenneurologe Stefano Mancuso von der Universität Florenz spricht von der „Intelligenz der Pflanzen“. Er streitet mit anderen Wissenschaftler*innen dafür, dass Pflanzen neu betrachtet werden und in der Wissenschaft eine Wertschätzung erhalten. „Die allgemeine Wertehierarchie verbannt die Pflanzen auf die unterste Stufe der Lebewesen“, schreibt Mancuso. „Ein ganzes Reich, das Pflanzenreich, wird völlig unterschätzt, obwohl unser Überleben und unsere Zukunft auf der Erde genau davon abhängen.“ (Mancuso, Intelligenz der Pflanzen, S. 30)

Schlaue Wurzeln?

Als „Kommandozentrale“ bezeichnet sie der Zellbiologe Frantisek Baluska von der Universität Bonn die Wurzelspitze für die Wahrnehmung der Pflanze. Er hat gezielte Bewegung und Sensibilität der Wurzelspitze erforscht und bestätigt damit die „root brain theory“ von Charles Darwin. Der Entdecker der Evolution verglich die Wurzelspitze mit dem „Gehirn eines der niederen Tiere“ in seinem damals bahnbrechenden Buch „The Power of Movement in Plants“. Seine Beobachtungen wurden mehrfach bestätigt, doch erst 125 Jahre nach Darwin haben Baluska und ein Team von Wissenschaftler*innen der Universitäten Bonn und Florenz die Bewegungen der Wurzelspitze gefilmt. Deutlich sichtbar ist, dass die Wurzelspitze wie ein Wurm durchs Erdreich kriecht. Die Wurzelspitze nimmt Wasser oder Giftstoffe wahr, sendet die Botschaften über Zellen in die Wurzel, die daraufhin ihre Richtung im Wachsen entsprechend anpasst.

Die Wurzeln schicken Botschaften aus der Erde an die Blätter in der Höhe. Und die Blätter senden aus der Baumkrone Informationen an die Wurzeln und an andere Blätter. Wenn zum Beispiel die Wurzeln zu wenig Wasser finden, übermitteln sie den Blättern, dass sie ihre Öffnungen, die Stomata, schließen. Aus den geöffneten Stomata würde sonst zu viel Wasser verdunsten.

Bäume kommunizieren, sie tauschen sich untereinander aus, und mit anderen Pflanzen in ihrer Umgebung, mit Pilzen und mit Tieren. So informieren sich Bäume, ob Fressfeinde wie Rehe oder Raupen in der Nähe sind. Von Zelle zu Zelle teilen sich die Blätter gegenseitig mit, wenn sie gefressen werden oder ein Insekt seine Eier auf den Blättern ablegt. Der Baum produziert dann noch mehr chemische Stoffe (wie z.B. Tannin in Eichenblättern), die den Fressfeind abschrecken – oder sogar vergiften.

Bäume verteidigen sich erfolgreich

Auf den Baum als „Serienmörder*in“ von Kudus-Antilopen ist der südafrikanische Biologe Wouter van Hoven gestoßen. Er untersuchte, warum plötzlich und ohne erkennbaren Grund massenhaft Kudus auf den Wildtier-Ranches in Südafrika starben. Die Antilopen schienen vollkommen gesund und waren äußerlich unverletzt. In ihrem Pansen fand van Hoven die Blätter von Akazien, die während einer Dürre die einzigen Pflanzen der Region waren, die noch grüne Blätter hatten. Van Hoven untersuchte die Blätter und die Bäume. Er fand heraus, dass die Akazien besonders viel Pflanzengift Tannin produziert hatten, um sich zu schützen.

Und die Bäume schützten nicht nur sich selbst vor den Fressfeinden. Wenn Tiere an ihren Blättern knabberten, sonderten die Blätter Ethylen ab. Die flüchtige Chemikalie benachrichtigte andere Akazien, die daraufhin Tannin zur Abwehr produzierten. Van Hoven erkannte: Die Akazien kommunizieren miteinander.

Vernetze Kommunikation im Wurzelreich

Die kanadische Forstwissenschaftlerin Suzanne Simard von der Universität British Columbia hat als erste nachgewiesen, dass Bäume in einem Wald über ein Wood Wide Web miteinander verbunden sind. Mit radioaktivem Kohlenstoff wies Simard nach, dass Bäume durch die Wurzeln und die Fäden der Mykorrhiza-Pilze Nährstoffe und Informationen quer durch den Wald austauschen. Fehlen einem Baum Nährstoffe, versorgen ihn die anderen Bäume. Simard konnte auch nachweisen, dass sogar Bäume unterschiedlicher Arten sich versorgen: Birken versorgten Douglas-Tannen mit Nährstoffen.

Grundlage für dieses Verhalten ist, der ständige Austausch der Bäume mit Pilzen, den Mykorrhiza. Jeder Baum lebt in enger Verbundenheit mit diesen Pilzen, die über ein feines Wurzelgeflecht den Baum mit schwer erschließbaren Nährstoffen aus dem Boden versorgen. Der Baum gibt den Pilzen dafür Zucker, den die Pilze selbst nicht bilden können. Die beiden Lebewesen kommunizieren über die Wurzelfäden miteinander und informieren sich gegenseitig über die notwendigen Stoffe.

Dein Feind ist mein Freund

Auch mit Tieren kommunizieren Pflanzen. Mithilfe von Duftstoffen rufen sie die Fressfeinde ihrer Fressfeinde. Den Trick beherrschen selbst krautartige Pflanzen wie der Wilde Tabak. Ian Baldwin, Direktor des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena, erforscht den Wilden Tabak Nicotiana attenuata und hat viele Möglichkeiten der non-verbalen Kommunikation der Pflanze entdeckt. Gegen mehrere Raupenarten setzt die Tabakpflanze Nikotin ein. Wenn das nicht ausreicht, lockt sie mit Duftstoffen Ameisen und Eidechsen an, die die Insekten fressen. Da der Wilde Tabak die Motten der Raupen jedoch für die Bestäubung braucht, lockt die Pflanze die Tiere auch an und bietet den Raupen zuckerhaltige Leckerbissen. Fressen die Raupen zu viel, sterben sie. Dr. Baldwin spricht von der „Rasierklinge im Apfel“. Er hat auch herausgefunden, dass Nicotiana attenuata am Speichel der Raupen erkennt, wer am Blatt knabbert. Das Tabakkraut kann also nicht nur Informationen senden, sondern sie auch empfangen, die Botschaft verstehen und umsetzen.

Bericht von Amnesty International – über Indigene und Aktivist*innen und ihre Kämpfe

Automatisierte Übersetzung von englisch auf deutsch

Quelle: https://www.amnesty.de/nordamerika-suedamerika-umweltschutz-klimaschutz-aktivist-innen-angriffe-drohungen

Informationen für einen intersektionalen Kampf der Befreiung. Aus anarchistischer Perspektive lesen und verstehen.

Keine Zukunft ohne Mut Menschenrechtsverteidiger in den USA sprechen über die Klimakrise

Amnesty International ist eine Bewegung von 10 Millionen Menschen, die die Menschlichkeit in allen Menschen hervorhebt und Kampagnen für Veränderung durchführt, damit wir alle unsere Menschenrechte genießen können.

Unsere Vision ist eine Welt, in der die Machthaber ihre Versprechen halten, das Völkerrecht wahren und zur Rechenschaft gezogen werden. Wir sind unabhängig von jeder Regierung, politischen Ideologie, finanziellen Interessen oder Religion und werden hauptsächlich von unseren Mitgliedern und individuellen Spenden finanziert.

Wir glauben, dass Solidarität und Mitgefühl mit Menschen überall unsere Gesellschaften zum Besseren verändern können.

1. Einführung

Die Klimakrise ist eine Menschenrechtskrise, die sich jeden Tag verschlimmert und viele Regionen und Bevölkerungsgruppen in den Amerikas mit zunehmenden Risiken konfrontiert sind. Wie der jüngste Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) zeigt, müssen die Staaten im Einklang mit den Menschenrechten rasche und nachhaltige Maßnahmen ergreifen, um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf 1,5 °C zu begrenzen und die schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise zu vermeiden.

Unter diesen Umständen ist eine sinnvolle, breite und vielfältige Beteiligung der Akteure der Zivilgesellschaft, wie Einzelpersonen, Gruppen und Organisationen, die die Menschenrechte im Rahmen von Klimaschutzmaßnahmen verteidigen, eine entscheidende Voraussetzung für die Überwachung der staatlichen Maßnahmen sowie für die Bereitstellung von Beiträgen zur Gewährleistung von Klimagerechtigkeit und wirklichen Lösungen für die Menschenrechtskrise. Dazu gehören eine erhebliche Beteiligung an nationalen und internationalen Entscheidungsräumen, wie den Konferenzen der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC), sowie die Gewährleistung der Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung, Vereinigung und friedliche Versammlungsfreiheit.

In den Amerikas sind jedoch Einzelpersonen, Gruppen und Organisationen, die die Umwelt und die Klimagerechtigkeit verteidigen, oft aus den Entscheidungsräumen ausgeschlossen und stehen auch vor enormen Hindernissen und Risiken, die weit dokumentiert sind, wie z.B. Schmutzkampagnen, Einschüchterung, Drohungen, physische Angriffe oder Kriminalisierung. Darüber hinaus werden diese Hindernisse durch die in der Region bestehende Ungleichheit sowie die Diskriminierung aufgrund von Rasse, ethnischer Herkunft, Staatsangehörigkeit, Klasse, Geschlecht, Geschlechter, Sprache, sexueller Orientierung, Alter oder anderen Status verschärft. Trotz dieser schwierigen Situation arbeiten Einzelpersonen, Gruppen und Organisationen weiterhin an angemessenen Lebensbedingungen für ihre Gemeinschaften und für zukünftige Generationen.

Ziel dieses Berichts ist es, die Arbeit, Leistungen und Ansätze von Einzelpersonen, Gruppen und Organisationen zu veranschaulichen, die die Menschenrechte in Bezug auf das Klima verteidigen und der Schlüssel sind, um konkrete Antworten auf die schwerwiegenden Herausforderungen zu liefern, die durch die Klimakrise in den Vereinigten Staaten und darüber hinaus dargestellt werden. Zu diesen Gruppen gehören indigene Völker, Afro-Abstammung und andere rassistische Völkerschaften und Gruppen; Bauern und ländliche Gemeinschaften, die sich organisieren, um Territorium, Umwelt und nachhaltige Lebensgrundlagen zu verteidigen; Klima- und Umweltschützer; und alle, die einzeln oder gemeinsam Maßnahmen ergreifen, um Alternativen zu suchen und gerechte und integrative Lösungen anzubieten, die den Klimawandel mildern, einen Übergang zu einer fossilen Brennstoffen-freien Zukunft mit erneuerbarer Energie beitragen, die die Umwelt respektiert und die Menschenrechte, sich an den Klimaschutz anpassen und bereits unvermeidliche Verluste und Schäden entschädigen.

Die Beseitigung der Gewinnung und Nutzung fossiler Brennstoffe ist eine Priorität bei der Eindämmung des Klimawandels. Menschenrechtsverteidiger, Gruppen und Organisationen in den Vereinigten Staaten ergreifen entscheidende Maßnahmen, um dieser Branche ein Ende zu setzen. In Kanada zum Beispiel lehnen sich die Wet’suwet’en gegen den Bau – ohne ihre freie, vorherige und informierte Zustimmung – einer Gasleitung in ihrem Vorfahrenland ab. In Ecuador hat eine Gruppe junger Mädchen rechtliche Schritte gegen die Verbrennung von Erdgasabfällen aus der Ölgewinnung (bekannt als „Gasflammen“) eingeleitet, die zu einer Zunahme von CO2 beitragen und einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit der örtlichen Bevölkerung haben.

Eine weitere dringende Maßnahme zur Eindämmung des Klimawandels ist der Schutz von Kohlenstoffspeichern und Hotspots der biologischen Vielfalt wie Wälder und Ozeane. Auch in den Amerikas sind Menschenrechtsverteidiger, Gruppen und Organisationen in diesem Bereich tätig. In Kolumbien zum Beispiel hat eine Gemeinschaft von Fischern die Verschmutzung und Zerstörung der Wasserkörper verurteilt, die es ihnen ermöglichen, mit geringer Umweltbelastung zu leben. In Brasilien setzen Afro-Frauen eine alternative nachhaltige Nutzung des Amazonaswaldes vor, die auf traditionellen regionalen Kulturen wie dem Babassu-Kokos basiert.

Inzwischen führen Menschenrechtsverteidiger, Gruppen und Organisationen in den Amerikas den Prozess der Anpassung an das Leben in einer Welt, die bereits durch schädliche menschliche Aktivitäten tief verändert wurde. In Quebec, Kanada, studiert die Innu-Nation von Pessamit seit zwei Jahrzehnten die Auswirkungen des Klimawandels auf ihr Vorfahren-Territorium und implementiert Wege zur Anpassung und Erhaltung ihres Territoriums gegenüber dem Klimawandel.

Menschenrechtsverteidiger in den Amerikas kritisieren außerdem, dass der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft auf Kosten lokaler Gemeinschaften stattfindet, die bereits von Ungerechtigkeit, Ungleichheit und Diskriminierung betroffen sind. In diesem Zusammenhang ergreifen die indigenen Völker im Norden Argentiniens Maßnahmen, um ihr Recht auf Konsultation, auf freie, vorherige und informierte Zustimmung und auf ihren Lebensunterhalt zu bekräftigen, da das Lithium-Mining ihre Vorfahren bedroht. Der Kampf dieser Gemeinschaften ist ein klares Beispiel dafür, wie die Klimagerechtigkeit noch weit davon entfernt ist, Realität zu sein.

Um sicherzustellen, dass die Staaten die Menschenrechte im Zusammenhang mit der Klimakrise, einschließlich des Rechts auf eine gesunde Umwelt, gewährleisten, setzen Menschenrechtsverteidiger, Gruppen und Organisationen eine Vielzahl von Instrumenten und Strategien ein, wie z.B. Klimaschädigung, Menschenrechtserziehung, Verteidigung inklusive Dialog mit Entscheidungsträgern und Mobilisierung, namentlich mit friedlichen Protesten. All dies hat in einigen Fällen mit großer Anstrengung positive Auswirkungen gehabt. Damit diese Errungenschaften jedoch umfassender und nachhaltiger sind, müssen Menschenrechtsverteidiger, Gruppen und Organisationen in der Lage sein, ihre Arbeit frei durchzuführen und sinnvoll an der Entscheidungsfindung im Umwelt- und Klimaschutzbereich teilzunehmen, ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen zu haben. Es gibt noch viel zu tun, bevor diese Voraussetzungen in den Amerikas Wirklichkeit werden.

Dieses Dokument schließt mit einer Reihe von Empfehlungen für die Staaten, die Arbeit der Menschenrechtsverteidiger im Kontext des Klimawandels, insbesondere derjenigen, die die Umwelt verteidigen, anzuerkennen, zu schützen und zu garantieren. Die Empfehlungen konzentrieren sich auf die Gewährleistung eines sicheren und förderlichen Umfelds für ihre Arbeit mit wirksamen Schutzmechanismen, die dem kollektiven Charakter ihrer Tätigkeit sowie den spezifischen Merkmalen ihres Geschlechts, ihres Alters, ihrer ethnischen oder sonstigen Stellung Rechnung tragen, und auf die Sicherung des Rechts auf sinnvolle Beteiligung an der Entscheidungsfindung über das Klima und andere Fragen auf lokaler und internationaler Ebene.

3. Klima-Notfall, Ungleichheit und Menschenrechte

Die Amerikas sind von der vom Menschen verursachten Klimakrise und ihren Auswirkungen auf die Menschenrechte schwer betroffen. Die Region und die Menschen, die darin leben, sind von extremen Ereignissen wie Zyklonen, Niederschlägen und Überschwemmungen, Dürren (insbesondere in Chile) und Waldbränden gefährdet. Die globale Erwärmung betrifft auch Ökosysteme wie Wälder, Gletscher und Schneeabdeckung, Meer- und Seeis (Gletschereien in den tropischen Anden haben in den letzten 50 Jahren mindestens 30% ihrer Oberfläche verloren, mit einer ähnlichen Situation in Kanada), sowie den Anstieg des Meeresspiegels. Der Klimawandel und seine Auswirkungen haben verheerende Folgen für das Recht auf Leben, Gesundheit, Wohnraum, Nahrung, Bildung und eine gesunde Umwelt, unter anderem Menschenrechte. Treibhausgase (GHG) sind die Haupttreiber des Klimawandels durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohlenstoff, Öl und Gas. Aber nicht alle Länder – und nicht alle Menschen – tragen die gleiche Verantwortung für die Treibhausgasemissionen und damit für die Klimakrise. Die Länder im globalen Norden sind die Länder, die am meisten emittieren und am meisten fossile Brennstoffe verwenden. Zehn Prozent der Menschen auf dem Planeten waren für fast die Hälfte aller weltweiten energiebezogenen CO2-Emissionen im Jahr 2021 verantwortlich; von dieser Gruppe kamen 85% aus entwickelten Volkswirtschaften, darunter Kanada und die Vereinigten Staaten. Und diejenigen, die am meisten ausgeben, sind die mit den meisten Ressourcen. Laut Oxfam emittieren die reichsten 1% der Weltbevölkerung mehr als doppelt so viel als die ärmsten 50% der gesamten Bevölkerung. fossile Brennstoffunternehmen, ob staatlich oder privat, spielen eine Schlüsselrolle bei den Emissionen, die die globale Erwärmung treiben. Laut der Carbon Majors-Datenbank haben 100 bestehende fossile Brennstoffunternehmen (und acht, die nicht mehr existieren) in 150 Jahren fast eine Billion Tonnen Treibhausgasemissionen erzeugt – mehr als die Hälfte aller Emissionen seit der industriellen Revolution. Diese 100 Unternehmen sind seit 1988 für 71 % aller Treibhausgasemissionen verantwortlich. In den Amerikas sind nach Angaben der Datenbank die privaten Unternehmen, die für die meisten Emissionen in diesem Zeitraum verantwortlich sind, aus den Vereinigten Staaten: ExxonMobil, Chevron und Peabody. Der größte Emittent unter den staatlichen Unternehmen in den Amerikas ist die mexikanische Firma Pemex, gefolgt von der venezolanischen Firma Petróleos de Venezuela, S.A.

Trotz der Tatsache, dass Menschen mit weniger Ressourcen, insbesondere aus Ländern des globalen Südens, keinen wesentlichen Beitrag zum Klimawandel leisten, sind es diese Menschen, die am meisten von ihm betroffen sind.

Laut dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) lebt etwa die Hälfte der Weltbevölkerung in Gebieten, die „sehr anfällig“ für den Klimawandel sind, und es sind Menschen mit erheblichen Entwicklungsbeschränkungen, die am stärksten ausgesetzt sind. Dies beeinträchtigt unverhältnismäßig die Menschenrechte von Menschen mit geringeren Ressourcen und höheren Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel im globalen Süden, einschließlich des Rechts auf Leben, Gesundheit, ausreichende Nahrungsmittel, Wasser und Sanitärversorgung, ein anständiges Zuhause, Beschäftigung, einen angemessenen Lebensstandard und Kultur. Zwischen 2010 und 2020 war die Sterblichkeitsrate durch Klimakatastrophen (wie Stürme, Überschwemmungen und Dürre) in schutzbedürftigen Regionen und Bevölkerungsgruppen 15 Mal höher. Extreme Wetterereignisse haben größere negative Auswirkungen auf die Nahrungsmittel- und Wassersicherheit in bestimmten Gemeinden und Regionen, darunter Zentralamerika und Südamerika, sowie auf Bevölkerungsgruppen mit höherem Risiko, wie indigene Völker, kleine Erzeuger und Haushalte mit niedrigem Einkommen.

Tatsächlich haben die Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen (UN) festgestellt, dass viele Gemeinden mit niedrigem Einkommen, ethnische Minderheiten, indigene Völker und gefährdete oder andere benachteiligte Gemeinschaften in Gebieten leben, die stark mit giftigen Substanzen verschmutzt sind, auch als „Opferzonen“ bezeichnet, in einem Kontext, das zu Verstößen oder Verletzungen der Menschenrechte führt. Obwohl solche Orte „in den zuvor kolonialisierten Gebieten des globalen Südens konzentriert sind, ist der globale Norden weitgehend für diese Bedingungen verantwortlich“. Sie sind oft das Ergebnis von Politiken, die das Wirtschaftswachstum oder die Unternehmensgewinne über das Leben, die Gesundheit, die Würde und das Wohlbefinden der Menschen priorisieren.

Auf der Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC), die 2015 (COP21) stattfand, haben 196 Staaten eine Vereinbarung zur Bewältigung der Klimakrise und der damit verbundenen Ungleichheiten verabschiedet, indem sie den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur deutlich unter 2 °C über den vorindustriellen Niveaus halten und Anstrengungen unternahmen, den Temperaturanstieg auf 1,5 °C zu begrenzen.

Dies wird als das Übereinkommen von Paris bezeichnet und sieht vor, dass die Staaten Minderungsmaßnahmen durchführen und national festgelegte Beiträge (NDCs) für die Treibhausgasemissionen mitteilen müssen. Sie müssen auch Maßnahmen ergreifen, um sich an die negativen Auswirkungen des Klimawandels anzupassen, und die dadurch verursachten Verluste und Schäden auf ein Minimum zu reduzieren und zu beheben, indem sie die erforderlichen Ressourcen bereitstellen. Die Anpassungsmaßnahmen haben ihre Grenzen, und die am stärksten betroffenen müssen Entschädigung für die irreversiblen Verluste und Schäden erhalten, die durch den Klimawandel verursacht wurden. Dies gilt für die am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen im Trockenen Korridor Zentralamerikas, die Jahr für Jahr unter Wasserknappheit, Wüstenbildung und hohen Temperaturen, Stürmen und Hurrikans, steigenden Meeresspiegeln und Überschwemmungen leiden und die daraus resultierenden langfristigen Auswirkungen auf den Zugang zu Menschenrechten wie Wasser, Nahrung, Wohnraum, Gesundheit, Kultur und Beschäftigung haben.

Während der COP, die 2022 in Ägypten stattfand, haben die Regierungen einen Verlust- und Schadensfonds und andere „Finanzierungsvereinbarungen“ eingerichtet, um „Entwicklungsländern“ zu helfen, die besonders anfällig für die nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels sind. Dies war ein wichtiger Schritt vorwärts, um der Forderung zu entsprechen, die die am stärksten betroffenen Länder des globalen Südens, einschließlich der Länder Lateinamerikas und der Karibik, seit 30 Jahren stellen. Die zur Entschädigung von Verlusten und Schäden sowie zur Eindämmung und Anpassung an den Klimawandel erforderlichen Mittel wurden jedoch noch nicht mobilisiert. Das Ziel ist es, dass die Länder des globalen Nordens ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar gemeinsam mobilisieren, um den Ländern im globalen Süden bei der Abschwächung und Anpassung zu helfen. Die überwiegende Mehrheit der bereitgestellten Mittel wurde jedoch in Form von Darlehen anstatt von Zuschüssen bereitgestellt, und diese wurden zu ziemlich unfreundlichen Bedingungen angeboten. Darüber hinaus ist der Verlust- und Schadensfonds trotz der Dringlichkeit für die am stärksten betroffenen Länder und Gemeinschaften noch nicht in Betrieb genommen worden.

Diese Fonds und andere Maßnahmen, die zur Bewältigung der Klimakrise erforderlich sind, sollten sich auch mit dem Schutz und der Wiederherstellung von Ökosystemen und ihrer biologischen Vielfalt befassen, da sie eine entscheidende Rolle bei der natürlichen Regulierung der globalen Erwärmung spielen. Wenn es um die biologische Vielfalt geht, sind die Länder in den Amerikas auch wichtige Akteure auf der globalen Bühne. Die Region beherbergt sieben der 17 biologisch vielfältigsten Länder der Welt, darunter die Vereinigten Staaten und Brasilien. Zu den reichsten Gebieten in Bezug auf die biologische Vielfalt zählen die Dschungel und die Wälder Mexikos und Zentralamerikas, der Amazonas, die Riffe der Karibik, der Golf von Kalifornien, ozeanische Inseln wie die Galapagos und das chilenische und argentinische Patagonien. Gebiete mit einer hohen Konzentration an biologischer Vielfalt wie Ozeane, Wälder, Feuchtgebiete und Böden fungieren als Kohlendioxidspeicher, was bedeutet, dass sie Treibhausgase aufnehmen und sie aus der Atmosphäre halten. Daher spielt ihre Erhaltung eine grundlegende Rolle bei der Eindämmung des Klimawandels. Darüber hinaus bieten diese Gebiete kritische Bioresourcen für das menschliche Leben, wie Nahrungsmittel, Medikamente und Energie, die Teil sind des Rechts auf Nahrung und auf einen angemessenen Lebensstandard.

Allerdings sind die natürlichen Ökosysteme der Amerikas bedroht, nicht nur durch den Klimawandel, der durch Treibhausgase verursacht wird, was das Risiko des Aussterbens von Tier- und Pflanzenarten erhöht, sondern auch durch die Veränderung der Landnutzung für intensive industrielle, landwirtschaftliche und Viehzuchtaktivitäten, den Tourismus, die Fischereiindustrie, die unkontrollierte Entwaldung, die Verschmutzung der Ozeane und Feuchtgebiete und den Bergbau. Sie ist auch durch Megaprojekte bedroht, die ohne Gedanken an die Auswirkungen, die sie auf das Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt haben werden, einschließlich des Rechts auf ein sicheres Klima, sowie auf andere Menschenrechte, geplant werden. Der Amazonas z.B. schrumpft jedes Jahr weiter: Die entwaldete Fläche im brasilianischen Amazonas ist von 2020 bis 2021 um 22% gestiegen und im Vergleich zum durchschnittlichen jährlichen entwaldeten Gebiet zwischen 2009 und 2018 verdoppelt. Darüber hinaus gibt es 438 Orte, die als Wetlands of International Importance (Ramsar-Standorte) in den Amerikas bezeichnet wurden. Lateinamerika und die Karibik gehören zu den Regionen, in denen eine größere Verschlechterung des Zustands dieser Ökosysteme gemeldet wurde.

Die Bekämpfung des Verlusts der biologischen Vielfalt trägt zur Gewährleistung des Rechts auf ein Leben in einer sicheren, sauberen und nachhaltigen Umwelt für alle bei. Es gibt eine Reihe internationaler Abkommen zum Schutz der biologischen Vielfalt. Dazu gehört das Abkommen 30×30, das auf der UN-Konferenz über biologische Vielfalt (COP 15), die Ende 2022 in Montreal, Kanada, stattfand, verabschiedet wurde, in dem die Vertragsparteien sich verpflichten, bis 2030 30 % der weltweiten Land- und Meeresmasse als Schutzgebiete für die Erhaltung der Artenvielfalt zu bezeichnen. Der Schutz und die Wiederherstellung dieser Ökosysteme ist einer der effizientesten, gerechtesten und kostengünstigsten Mechanismen, um Kohlenstoff zu erfassen und zu speichern, ohne die Menschenrechte zu gefährden. Der Schwerpunkt der Vereinbarung sollte sich jedoch nicht auf die Fläche beschränken, die sie abdeckt, sondern auf die Art und Weise, wie sie verwaltet wird, wer die Gebiete auswählt und welche Arten von biologischer Vielfalt darin vorhanden sind. Die indigenen Völker und die lokalen Gemeinschaften haben hier eine Schlüsselrolle zu spielen. Leider haben die Staaten bei der COP15 nicht ausdrücklich die Gebiete der indigenen Völker anerkannt und

Gebiete als eine besondere Kategorie von Schutzgebieten, und dies bedroht ihre Rechte.

Der Schutz der biologischen Vielfalt ist jedoch nicht nur eine Frage der „Pflanzung von mehr Bäumen“. Die in den Kohlenstoffmärkten häufig eingesetzten Praktiken der Abholzung und Reforestation zur Ausgleichung der Emissionen können äußerst problematisch sein, wenn sie nicht von Umwelt- und Menschenrechtsschutzmaßnahmen begleitet werden, insbesondere im Hinblick auf das Recht auf Konsultation und die freie, vorherige und informierte Zustimmung der indigenen Völker, und können bei der Kohlendioxidabscheidung unwirksam sein. In vielen Fällen besteht die beste Lösung darin, die bestehenden Grundlagen mit Umwelt- und Menschenrechtsschutzmaßnahmen, insbesondere dem Recht der indigenen Völker auf Autonomie und Selbstbestimmung, zu erhalten und zu verstärken.

Schließlich zwingt dieser Kontext der Klimakrise und der Menschenrechtskrise viele Menschen, in andere Teile ihres Landes zu ziehen, während andere einfach emigrieren. Die Weltbank warnt, dass bis 2050 mehr als 143 Millionen Menschen in Südasien, Afrika und Lateinamerika aufgrund zunehmender Dürre, Überschwemmungen, steigender Meeresspiegel und durch den menschlichen Klimawandel verursachten Katastrophen vertrieben werden. Amnesty International hat die Situation von Gemeinden an der Pazifikküste Honduras dokumentiert, wo die Gründe für die Vertriebenen mit den Menschenrechtsfolgen des zunehmenden Verlusts der Küste aufgrund des Klimawandels und der Umweltzerstörung ihrer Lebensgrundlagen verbunden sind, was diesen bereits verarmten und marginalisierten Bevölkerungsgruppen zusätzlichen Druck ausübt. Darüber hinaus leidet die Region regelmäßig unter den Auswirkungen von Hurrikans, wie Eta und Iota im Jahr 2021, und die Situation des Trockenen Korridors von Nicaragua nach Süd-Mexiko ist besonders besorgniserregend. Drei Länder in der Region, Guatemala, Honduras und Nicaragua sowie Kolumbien und Haiti, zählen zu den elf am stärksten anfälligen Ländern der Welt für den Klimawandel. All dies geschieht im Kontext hochfeindlicher und rassistischer Migrationspolitiken, die die Opfer von Situationen, deren Ursachen auf den globalen Norden zurückzuführen sind, an den Landesgrenzen abwenden.

Vor diesem Hintergrund besteht die dringende Notwendigkeit, dass die Behörden mit gerechten politischen Reaktionen Maßnahmen ergreifen, um den Klimawandel zu mildern. Klimaschutz konzentriert sich auf die strukturellen Ursachen der Klimakrise und auf die Art und Weise, wie sie Ungleichheiten zwischen und innerhalb von Ländern aufbaut und verstärkt.

Die Forderungen der Klimagerechtigkeit beruhen auf der Notwendigkeit, solche Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten anzugehen, was beginnt, indem Klimaschutzmaßnahmen auf die Perspektiven, das Wissen und die Anforderungen der von der Klimakrise am stärksten betroffenen Gruppen und Gemeinschaften ausgerichtet werden. Geschlecht, Rasse, Klasse, ethnische Zugehörigkeit, Behinderung und zwischengenerative Gerechtigkeit sind wesentlich, um dies zu erreichen.

Ganzer Bericht hier zum Download:

Der Zusammenbruch der Zivilisation ist eine noch nie dagewesene Chance

Der Zusammenbruch ist nicht das Ende – er ist der Anfang. Die Angst und Ungewissheit dieser Zeit signalisiert die Obsoleszenz alter Seinsweisen. Während wir ins Unbekannte eintreten, entstehen wirklich neue Wege des Seins. Unsere Herausforderung besteht darin, diese Chancen zu ergreifen und zu erweitern.

Übersetzung von englisch auf deutsch

Quelle: https://ageoftransformation.org/the-collapse-of-civilisation-is-an-unprecedented-opportunity/

Der Wendepunkt, den unsere Zivilisation heute auf globaler Ebene erlebt, ist beispiellos, aber er ist nicht einzigartig. Gesellschaften und Zivilisationen sind im Laufe der Geschichte aufgestiegen und gefallen, und jede Zivilisation durchläuft einen Lebenszyklus von Wachstum und Niedergang. Ein eindrucksvoller Versuch, den Aufstieg und Fall von Zivilisationen mit Hilfe der Komplexitätswissenschaft zu untersuchen, wurde von dem Archäologen Joseph Tainter von der Utah State University in seinem Buch „The Collapse of Complex Societies“ (Der Zusammenbruch komplexer Gesellschaften) unternommen. In dem 1988 von Cambridge University Press veröffentlichten Buch untersuchte Professor Tainter zwei Dutzend Fälle von zusammengebrochenen Gesellschaften, darunter den Untergang des Weströmischen Reiches, der Maya-Zivilisation und der Chaco-Zivilisation. Seine weitreichende Theorie war, dass Gesellschaften zusammenbrechen, wenn ihre Investitionen in soziale Komplexität einen Punkt erreichen, an dem die Grenzerträge abnehmen. Das Muster, das Tainter immer wieder fand, war, dass Zivilisationen komplexere und spezialisiertere Bürokratien entwickelten, um aufkommende Probleme zu lösen. Im weiteren Verlauf dieses Prozesses wurde mit jeder neuen Schicht der Problemlösungsinfrastruktur eine ganz neue Ordnung von Problemen geschaffen. Dann wird weitere Infrastruktur entwickelt, um diese Probleme zu lösen, und das Wachstum eskaliert. Da jede neue Schicht auch eine neue „Energie“-Subvention (höherer Ressourcenverbrauch) erfordert, kann sie schließlich nicht genügend Ressourcen produzieren, um sich selbst zu erhalten und die entstandenen Probleme zu lösen. Das Ergebnis ist, dass die Gesellschaft zu einem neuen Gleichgewicht zusammenbricht, indem sie Schichten komplexer Infrastruktur abwirft, die in früheren Jahrhunderten angehäuft wurden. Dieser Abstieg kann innerhalb von Jahrzehnten stattfinden oder bis zu Jahrhunderte dauern. Während diese aufkommende Wissenschaft des zivilisatorischen Zusammenbruchs an Bedeutung gewonnen hat – Agenturen von der NASA bis zum britischen Außenministerium haben Forschungsarbeiten in diesen Bereichen in Auftrag gegeben –, ist sie nur ein Teil des Bildes: Denn der „Zusammenbruch“ war häufig ein Vorläufer der zivilisatorischen Erneuerung.

Vom Zusammenbruch zur Erneuerung Einige Wissenschaftler argumentieren, dass allzu vereinfachende Darstellungen der Idee des Zusammenbruchs von einer fortwährenden menschlichen Fähigkeit ablenken, weiterzumachen. Sie argumentieren, dass „Kollaps“ nicht immer die richtige Linse bietet. Im Jahr 2005 veröffentlichte der renommierte amerikanische Geograf Jared Diamond sein bahnbrechendes Buch Collapse: How Societies Choose to Fail or Survive, in dem er argumentierte, dass der Umweltwandel eine Schlüsselrolle dabei gespielt hat, dass Gesellschaften „einen drastischen Rückgang der menschlichen Bevölkerungsgröße und/oder der politischen/wirtschaftlichen/sozialen Komplexität über ein beträchtliches Gebiet über einen längeren Zeitraum“ erlebt haben. Diamond’s war jedoch nicht das letzte Wort zu diesem Thema. Kurz darauf kam eine Gruppe spezialisierter Historiker, die sich mit seiner Arbeit befassten, zu dem Schluss, dass er aufgrund seiner westlich-zentrierten Sichtweise des „Fortschritts“ systematisch Beweise übersehen hatte, dass viele der menschlichen Gesellschaften, die er für gescheitert hielt, bemerkenswert widerstandsfähig waren. In dem von den Anthropologen Patricia A. McAnany und Norman Yoffee herausgegebenen Buch „Questioning collapse: Human resilience, ecological vulnerability, and the aftermath of empire“ argumentieren die Historiker, dass sich diese Gesellschaften nicht zusammenbrachen, sondern sich auf unterschiedliche Weise veränderten, weiterentwickelten und anpassten, die Diamond übersah.

Der Archäologe Guy Middleton von der Northumbria University kommt in seinem 2011 erschienenen Buch „Understanding Collapse: Ancient History and Modern Myths“ zu einem ähnlichen Urteil. Er geht auf die besten Beispiele für gesellschaftlichen Zusammenbruch ein und weist darauf hin, dass die Beweise für einen totalen Zusammenbruch in jedem Fall begrenzt sind: Aspekte einer bestimmten Gesellschaft könnten verfallen, bestimmte Gebäude oder Siedlungen könnten aufgegeben und bestimmte Regime oder Staaten gestürzt werden, aber das bedeutet nicht, dass eine Zivilisation als Ganzes zusammengebrochen ist. Oft ebnete der Zusammenbruch bestimmter politischer Strukturen den Weg für Transformationen, wenn auch auf neue und unerwartete Weise, die sowohl die Kontinuität der Bevölkerung als auch die zunehmende soziale Komplexität und den wirtschaftlichen Wohlstand mit sich brachten. Mit anderen Worten, der „Zusammenbruch“ dieser Zivilisationen war nicht notwendigerweise das „Ende“ dieser Gesellschaften und Gemeinschaften und führte nicht immer zum völligen Verschwinden ihrer Kultur oder ihres Volkes. Stattdessen finden wir Belege dafür, dass, während die vorherrschenden politischen Strukturen verfielen und verschwanden, die Menschen sich weiterhin anpassten, sich veränderten und neu organisierten. Auf der anderen Seite ist es auch klar, dass, als die Organisationsstrukturen und Fähigkeiten der großen Zivilisationen tatsächlich verschwanden, ihre Bevölkerungen manchmal in neue Strukturen umzogen, die mit neuen Zivilisationen entstanden. Aufbauend auf diesem Thema fand der Erdsystemwissenschaftler Professor Ugo Bardi von der Universität Florenz – Autor des Buches Before the Collapse: A Guide to the Other Side of Growth – heraus, dass der Kollaps zwar im Laufe der Geschichte allgegenwärtig ist, aber regelmäßig den Weg für neue Formen der Zivilisation ebnet. Er untersuchte eine breite Palette von Kollapsfällen in menschlichen Gesellschaften, in der Natur und durch künstliche Strukturen und fand heraus, dass Kollaps oft die Voraussetzung für die Entstehung neuer, evolutionärer Strukturen ist. Er prägt einen Begriff für diesen Prozess – einen „Seneca Rebound“ – und stellt fest, dass neue Gesellschaften, die nach dem Zusammenbruch entstehen, oft schneller wachsen als die vorherigen.

Bardis Arbeit ist Teil einer breiteren Sammlung von Beweisen, die darauf hindeuten, dass der Aufstieg und Fall von Zivilisationen in der Geschichte Teil eines längeren Prozesses menschlicher kultureller Evolution ist. Diese Forschung stützt sich auf die bahnbrechende Arbeit des verstorbenen Ökologen Crawford Holling, der Jahrzehnte damit verbracht hat, natürliche Systeme zu untersuchen, von der Räuber-Beute-Dynamik bis hin zu Wäldern. Holling fand heraus, dass alle Ökosysteme einen Lebenszyklus durchlaufen, der vier Phasen durchläuft: Wachstum, Erhaltung, Freisetzung und Reorganisation. Holling nannte dies den „adaptiven Zyklus“.

Seitdem haben Wissenschaftler herausgefunden, dass der Anpassungszyklus auf soziale Systeme und Organisationen anwendbar ist und zum Verständnis politischer Veränderungsprozesse genutzt werden kann. Wie Stewart Brand, der Gründungspräsident der Long Now Foundation, feststellte, kann Hollings Rahmenwerk kraftvoll genutzt werden, um das riesige sozial-ökologische System der menschlichen Zivilisation zu verstehen.

Die globale Phasenverschiebung

Die Anwendung von Hollings Modell auf die Geschichte der industriellen Zivilisation ist äußerst aufschlussreich. Mit Hilfe seiner Kategorien können wir die erste Phase im Lebenszyklus der industriellen Zivilisation als Wachstum bezeichnen, das sich über einen Zeitraum von etwa 200 Jahren vom 19. bis zum Ende des 20. Jahrhunderts rasch vollzog. Dieses Wachstum wurde nicht nur durch die Entdeckung billiger, reichlich vorhandener Energie aus fossilen Brennstoffen vorangetrieben, sondern auch durch eine rasante Abfolge technologischer Innovationen, von denen jede neue Systeme und Dynamiken für die Gesellschaft schuf. Durch einen langen Prozess des Kampfes und der Anpassung zwischen verschiedenen sozialen Gruppen entwickelten sich neue kulturelle Dynamiken, Eigentumsrechte, Bürgerrechte, Regierungssysteme, Normen und Werte, die in dieser Zeit entstanden, um diese neuen Systeme zu verwalten. Die Zivilisation durchlief dann die zweite Phase der Erhaltung, die sich zwischen 1970 und den frühen 2000er Jahren stabilisierte. In dieser Zeit konsolidierte sich das globale System, wurde außerordentlich stark und vernetzt. Diese Periode fällt mit dem „Goldenen Zeitalter“ der neoliberalen Globalisierung zusammen, in dem eine Reihe von Ideen und Werten über Modernität und Entwicklung auf der ganzen Welt propagiert wurden. Gleichzeitig verringerte genau dieser Prozess die Widerstandsfähigkeit des Systems, da es sich „selbst angepasst“ und organisiert wurde, um sich selbst zu erhalten. Obwohl das System scheinbar robuster war als je zuvor, war es in Wirklichkeit spröde und unfähig, auf Stöße zu reagieren, die die Bedingungen, an die es angepasst worden war, hätten verändern können. Die dritte Phase, die Release-Phase, scheint um 2005 begonnen zu haben und eskalierte über 2010 bis 2020 bis heute. Dies ist eine Zeit der Unsicherheit und des Chaos, da das System zu verfallen beginnt. Bevor wir zur vierten Phase übergehen, möchte ich meine Überlegungen zu den drei grundlegenden Gründen darlegen, warum die Veröffentlichungsphase begonnen hat:

1. Die bestimmenden Technologien der industriellen Zivilisation, mit denen wir der Erde Ressourcen entziehen und sie in Wirtschaft und Gesellschaft nutzen, scheinen an die inneren Grenzen ihrer eigenen Produktivität gestoßen zu sein;

2. Als Teil dieser Grenzen verursachen sie eskalierende Kosten und sinkende Erträge aus massiven und sich verstärkenden sozialen und ökologischen Schocks, die symptomatisch für ihre Überdehnung sind;

3. Am wichtigsten ist vielleicht, dass sie von neuen Technologien überholt werden, die effizienter, billiger und leistungsfähiger sind.

Auf der einen Seite entfesselt die wachsende Unsicherheit mit dem Niedergang des alten Systems eine Vielzahl negativer, polarisierender Kräfte. Das etablierte neoliberale Paradigma, das einst der übergeordnete Maßstab für Erfolg war, hat seine Massenattraktivität verloren. Die großen Erzählungen, die einst funktionierten, weil sie sich gemeinsam entwickelten, um die Wachstumsphase der industriellen Zivilisation zu definieren, funktionieren nicht mehr. Die vorherrschenden Sichtweisen auf die Welt, die vorherrschenden Normen und Werte brechen zusammen und fördern eine alarmierende Eskalation von Verwirrung, Meinungsverschiedenheiten und Konflikten. Aber noch etwas anderes tut sich in der Release-Phase auf: In den sich erweiternden Rissen des alten, sterbenden Systems entstehen neue Räume. Wenn das alte System in eine Abwärtsspirale gerät, wird es schwächer. Und in dieser Schwächung gibt es sowohl polarisierendes Chaos als auch die Eröffnung neuer Möglichkeiten für Veränderungen, bei denen kleine Störungen im System tiefgreifende Auswirkungen haben können, wie sie es in der ersten und zweiten Phase nicht konnten. Dieser Prozess führt dann zur vierten und letzten Phase, der Reorganisation, in der die Mobilisierung neuer Möglichkeiten ein neues System in der Asche des alten entstehen lässt. In dieser Phase werden die Grundlagen für einen neuen Lebenszyklus gelegt. Der Raum zwischen dem alten und dem neuen Lebenszyklus ist eine „Phasenverschiebung“ – eine totale Neukonfiguration, die sich von einem System in ein anderes mit anderen Regeln, Eigenschaften und Dynamiken verwandelt. Wendet man dies auf globaler Ebene auf die industrielle Zivilisation an, so scheinen die ersten beiden Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts Teil dessen zu sein, was ich eine globale Phasenverschiebung genannt habe, eine bedeutsame Transformation von einem globalen System zu einem neuen globalen System, ausgelöst durch den Niedergang des alten Systems und die mögliche Geburt eines neuen.

Es gibt auch etwas Neues an unserer gegenwärtigen misslichen Lage, das wir noch nie zuvor in der Geschichte gesehen haben. Zum ersten Mal droht das globale Ausmaß der Krisen, mit denen wir konfrontiert sind, die Zivilisation, wie wir sie kennen, aus den Fugen zu bringen, wobei allein die Worst-Case-Klimaszenarien auf das Risiko eines unbewohnbaren Planeten in diesem Jahrhundert hinweisen (und das, ohne die komplexen, kaskadenartigen Auswirkungen einer sich verschärfenden kombinierten Energie-, Klima-, Ernährungs- und Wirtschaftskrise zu durchdenken). Auf der anderen Seite sind wir zum ersten Mal in der Lage, diese Prozesse in Echtzeit zu sehen und zu verstehen. Wir können die Risiken des Niedergangs und des Zusammenbruchs in einer Weise erkennen, wie es keine Gesellschaft in der Geschichte je geschafft hat. Zu diesen Risiken gehört die Gefahr, dass mit der Beschleunigung des Systemverfalls die Möglichkeit, zum nächsten System, zu einem neuen Lebenszyklus durchzubrechen, durch die chaotischen, zerstörerischen Auswirkungen des aussterbenden industriellen Paradigmas eingeschränkt und geschrumpft wird. Mit anderen Worten, die Gefahr besteht darin, dass die Destabilisierung des menschlichen Systems – die genau ein Symptom dieses Prozesses des systemischen Niedergangs ist – so außer Kontrolle gerät, dass sie die globale Phasenverschiebung entgleisen lässt und den Prozess des Niedergangs so weit beschleunigt, dass das System zusammenbricht, bevor ein neues geboren werden kann. Ein Blick durch die Linse des Anpassungszyklus zeigt, dass die vielleicht größte Gefahr von allen darin besteht, dass wir uns so sehr auf diese negativen Risiken konzentrieren, die sich in der aktuellen Release-Phase beschleunigen, dass wir die enormen neuen Möglichkeiten für eine systemische Reorganisation und Wiedergeburt nicht erkennen. Hier, in der dritten Phase des Lebenszyklus unserer Zivilisation, ist die Auflösung der vorherrschenden Normen, Werte und Institutionen erschreckend – aber sie ist auch der Vorbote für die Entstehung des nächsten Lebenszyklus, einer beispiellosen Öffnung für Erneuerung und Revitalisierung. In dieser radikalen Ungewissheit weitet sich der Raum für wirklich Neues und Bahnbrechendes in rasantem Tempo.

Der Motor der Wiedergeburt

Wir stehen also vor einer großen Herausforderung: Wir müssen diese Phase der Befreiung so skalieren, dass wir uns auf eine effektive Reorganisation zubewegen können, die in der vierten Phase des Lebenszyklus unserer gegenwärtigen Zivilisation stattfindet und die Grundlage für einen lebendigen neuen zivilisatorischen Lebenszyklus legt. Das ist die bestimmende, überragende Mission unserer Zeit. Um erfolgreich zu sein, müssen wir die Triebkräfte hinter dem mysteriösen „Seneca-Rebound“-Effekt verstehen, den der Geowissenschaftler Ugo Bardi identifiziert hat – bei dem gesellschaftliche Zusammenbrüche oft Lichtungsböden schaffen, auf denen neue Zivilisationen geboren werden und gedeihen. Eine der tiefgreifendsten Analysen dieser Treiber wurde 2020 von der Technologieprognose-Denkfabrik RethinkX veröffentlicht. In ihrem Buch „Rethinking Humanity: Five Foundational Sector Disruptions, the Lifecycle of Civilisations, and the Coming Age of Freedom“ zeigen James Arbib und Tony Seba, wie Zivilisationen durch eine tiefgreifende Kombination von zwei Schlüsselfaktoren vorangetrieben wurden:

1. technologische Sprünge in ihrem Produktionssystem;

2. Kulturelle Sprünge in ihren kollektiven sozialen Organisationssystemen.

Diese Forschung hilft uns meiner Meinung nach zu verstehen, wie Hollings Erkenntnisse über die Lebenszyklen natürlicher Systeme nicht nur auf die menschliche Zivilisation, sondern auch auf unsere heutigen Aussichten anwendbar sind. Arbib und Seba zeigten, dass das Produktionssystem einer Zivilisation fünf grundlegende Sektoren umfasst: Energie, Verkehr, Nahrung, Information und Materialien. Alle entscheidenden technologischen Sprünge der Menschheit finden sich in jedem dieser Sektoren. Die Erfindung des Rades zum Beispiel revolutionierte das Transportwesen. Die Erfindung der Schrift war eine Informationsstörung. Die Domestizierung von Pflanzen im Lebensmittelsektor war maßgeblich für den Wandel von Jägern und Sammlern zu landwirtschaftlichen Gesellschaften verantwortlich. Oft haben technologische Disruptionen in einem Sektor enorme Kaskadeneffekte auf andere Sektoren und treiben Innovationen und Transformationen voran. Aber die überzeugendste Erkenntnis von Arbib und Seba war, dass die Fähigkeit einer Zivilisation, erfolgreich zu sein, nicht nur darin besteht, ihre technologischen Fähigkeiten zu verbessern, um die wichtigsten Dinge zu produzieren, die die Menschen brauchen. Es ging um ihre Fähigkeit, die Vorteile dieser Schlüsselinnovationen auf eine Weise zu nutzen und zu verteilen, die ihre sozialen und organisatorischen Fähigkeiten stärkte: Das ist es, was Arbib und Seba das „Organisationssystem“ einer Gesellschaft nennen, das ihre Weltanschauung, soziale Normen, Wertesysteme, Governance-Strukturen, politische Institutionen und so weiter umfasst.

Arbib und Seba wiesen auf ein Muster der Disruption hin, das sich durch die Menschheitsgeschichte zieht. Gesellschaften und Zivilisationen wurden durch technologische Umwälzungen vorangetrieben, die ihre Fähigkeit verbesserten, Dinge durch die Gewinnung von Ressourcen zu produzieren. Aber diese Disruptionen waren keine simplen „Eins-zu-Eins“-Ersetzungen irgendeines Werkzeugs oder Produkts, das vorher existierte: Sie schufen völlig neue Wege, Dinge zu tun, die im Wesentlichen neue Systeme mit neuen Regeln, Eigenschaften und Dynamiken waren. Das Auto zum Beispiel war nicht nur ein schnelleres Pferd. Es war ein völlig anderes Biest, das unsere gesamte Lebensweise völlig veränderte und sowohl neue Vorteile als auch neue Herausforderungen mit sich brachte. Zivilisationen mussten also gemeinsam Organisationssysteme entwickeln – Regelwerke, Werte, kulturelle Normen und darüber hinaus –, die in der Lage waren, sich an diese neuen Systeme anzupassen und sie nutzbar zu machen. Manchmal haben es die Gesellschaften jedoch versäumt, dies zu tun. Gefangen in den alten Systemorganisationsparadigmen, die an die Produktionswerkzeuge des Status quo angepasst waren, waren sie nicht in der Lage, sich an die Dynamik der neu entstehenden Systeme anzupassen, was zu Chaos und Niedergang führte. Oft brachen Gesellschaften jedoch zusammen, da die Dynamik der Produktionsmittel im Extraktionszeitalter sie in einen Kreislauf abnehmender Erträge führte. Zivilisationen würden in eine Rückkopplungsschleife aus dem Abbau von Ressourcen, der Erweiterung des Militärs, der Eroberung von Land und der Notwendigkeit, mehr vom Gleichen zu tun, gefangen sein, da die massive Bürokratie, die erforderlich ist, um die erhöhten Förderraten aufrechtzuerhalten – die jetzt notwendig sind, um das gesamte System aufrechtzuerhalten – noch größer war als zuvor.

Während das „Business-as-usual“ eskalierende Krisen, Seuchen, Hungersnöte und so weiter hervorrief, endete die Lösung – fortgesetzte Expansion – unweigerlich mit Überdehnung und Zusammenbruch. Dieses Muster von Aufstieg und Fall wurde durch Hollings adaptiven Zyklus erfasst. Aber sowohl die vorderen als auch die hinteren Schleifen von Hollings Zyklus haben eine erstaunliche Ähnlichkeit mit dem S-Kurven-Muster technologischer Disruptionen, das Arbib und Seba als eng mit dem Wachstumspfad einer Zivilisation verbunden sehen.

Technologische Umwälzungen folgten im Laufe der Geschichte dem gleichen Muster. Wie Rethinking Humanity anhand des Technology Disruption Framework von Seba zeigt, beginnen sie langsam und basieren auf Innovationen, die auf früheren Technologien in verschiedenen Sektoren aufbauen, diese kombinieren und neu konfigurieren. Wenn diese Innovationen breitere gesellschaftliche Bedürfnisse oder Anforderungen effizienter und effektiver erfüllen als etablierte Instrumente, werden sie häufiger eingesetzt. Technologische Disruptionen neigen dazu, ihrem eigenen Learning-by-Doing-Muster zu folgen. Je mehr sie eingesetzt werden, desto billiger werden sie. Und wenn sie zehnmal billiger sind als etablierte Tools – heute messen wir das in Geld, aber wir reden in Wirklichkeit davon, dass sie ein Zehntel der Energie oder Ressourcen der vorherrschenden Technologien verbrauchen – sind sie wirtschaftlich nicht aufzuhalten: Es macht einfach keinen Sinn, am alten Tool festzuhalten. Schnell wird die disruptive Technologie dann zur Massenakzeptanz hochskaliert und flacht ab, wenn sie allgegenwärtig wird. Wellen des technologischen Wachstums und Niedergangs folgen dem gleichen Muster wie Hollings adaptiver Zyklus. Während die neue Technologie exponentielle Verbesserungen bei Kosten, Effizienz und Leistung erfährt, erleben die etablierten Technologien das Gegenteil: eskalierende Kosten, sinkende Effizienz, schwindende Leistung, die in sinkenden Erträgen und einer Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit gipfeln.

Dies treibt eine etablierte Technologie in die völlige Obsoleszenz – den Zusammenbruch – ein Prozess, der sich in der Abwärtsneigung der Freisetzung zeigt. In der Zwischenzeit nimmt die disruptive Technologie, die oft auf einer Konvergenz mehrerer bereits vorhandener Technologien in verschiedenen Sektoren basiert, Fahrt auf – und treibt einen neuen Lebenszyklus voran, der in der Regel größer ist als der vorherige. Dies entspricht der Erkenntnis von Ugo Bardi, dass der Zusammenbruch einer Zivilisation oft einem noch schnelleren und größeren Wachstumsschub für eine neue Zivilisation vorausgeht.

Hollings adaptiver Zyklus wirft ein Licht darauf, wie sich diese Entwicklung abspielt, wenn sie sich gemeinsam mit dem Organisationssystem einer Gesellschaft entwickelt. Es folgt einem exponentiellen Wachstumspfad, der sich dann einpendelt, wenn das System die Sättigung erreicht. Und sie sinkt, wenn das System entweder an interne Grenzen stößt oder der Konkurrenz durch ein neues, überlegenes System ausgesetzt ist. Wenn die Rückgangskurve, die den Kollaps des alten Systems abbildet, mit der S-Kurve überlagert wird, die die Geburt des neuen Systems abbildet, sieht sie wie ein X aus.

Dämmerung des Zeitalters der Extraktion

Angesichts der Tatsache, dass Zivilisationen auf ihrer grundlegenden Ebene nur auf der Grundlage dieser fünf Dimensionen der Produktion entstehen und sich ausdehnen können – wie sie sich selbst antreiben; sich zu bewegen; Nahrungsmittel zu finden, anzubauen und zu verteilen; Wissen zu lernen und auszutauschen; Es ist nicht verwunderlich, dass die gleiche S-Kurve und das gleiche X-Muster, die wir in technologischen Umbrüchen sehen, auch in den Lebenszyklen von Gesellschaften und Zivilisationen sichtbar sind. Diese Erkenntnis hat massive Auswirkungen auf die globale Phasenverschiebung, in der wir uns gerade befinden. Die etablierten Branchen, die unsere heutige Zivilisation definieren, befinden sich alle in ihrem Zwielicht, da sie in einen Teufelskreis des sich beschleunigenden Niedergangs eintreten, der eskalierende Kosten, sinkende Erträge und eine Verlangsamung der Leistung mit sich bringt. Der Klima- und Umweltnotstand ist ein übergreifendes Symptom dieses umfassenden Niedergangs in den wichtigsten Industriezweigen, die insbesondere die Energie-, Transport- und Ernährungssysteme der Zivilisation bestimmen. Fossile Brennstoffe, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und die konventionelle Landwirtschaft sind zusammen für rund 90 % der Kohlenstoffemissionen verantwortlich.

Während sich die Klimakrise verschärft, verstärkt sie andere Krisen – sei es in der Geopolitik, in der Wirtschaft, in der Ernährung und darüber hinaus –, was wiederum die Kosten für das gesamte System erhöht und die Fähigkeit dieser Industrien untergräbt, weiterhin profitabel zu arbeiten.

Gleichzeitig brechen diese Rohstoffindustrien unter ihrem eigenen Gewicht zusammen, da sie sowohl an die planetaren Grenzen als auch an ihre eigenen Grenzen stoßen. Eines der wichtigsten Signale dafür ist das Konzept des Energy Return On Investment (EROI), das von dem Systemökologen Professor Charles Hall von der State University of New York entwickelt wurde. Der EROI ist eine einfache, aber leistungsstarke Kennzahl, die die Energiemenge misst, die zur Gewinnung von Energie aus einer bestimmten Ressource verwendet wird.

Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass der EROI der globalen fossilen Brennstoffe in den 1960er Jahren seinen Höhepunkt erreichte und nun endgültig rückläufig ist.

Eine separate Studie unter der Leitung französischer Wissenschaftler ergab, dass bei diesem Tempo bis 2050 die Hälfte der aus den globalen Ölreserven geförderten Energie wieder in neue Fördermengen gesteckt werden muss, um weiterhin Öl zu produzieren. Dieser Energieverbrauch, nur um Öl herauszuholen, ist so enorm, dass es das ganze Unternehmen sinnlos macht.

Dieser steile Niedergang vollzieht sich so schnell, dass, wenn wir es zu spät tun, das globale Energiesystem zu transformieren, es zu dem Zeitpunkt, an dem wir dazu kommen, möglicherweise nicht mehr wirtschaftlich ist, die Energie zu gewinnen, die wir brauchen, um genau diese Transformation aufrechtzuerhalten.

Die Signale des Zusammenbruchs dröhnen nicht nur im Klima und in der Energie. Sie sind vielleicht am lautesten im globalen Ernährungssystem, wo jüngste Studien vor der Möglichkeit gewarnt haben, dass sich verschärfende Probleme – einschließlich eskalierender Energiekosten in Verbindung mit Klimakatastrophen, Wasserknappheit aufgrund der globalen Erwärmung sowie die Auswirkungen industrieller Techniken wie Bodendegradation – zusammen die Fähigkeit des Systems überfordern, weiterhin Nahrungsmittel im gleichen Tempo anzubauen.

Laut Asaf Tzachor, einem Forscher am Centre for the Study of Existential Risk der Universität Cambridge, ist das vorherrschende „globale Ernährungs- und Landwirtschaftssystem durch endliche Ressourcen eingeschränkt, es ist anfällig für betriebliche Instabilität, es versäumt es, Hungersnöte und Mikronährstoffmangel zu verhindern, und es ist ein Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen, Klimawandel und dem Zusammenbruch von Ökosystemen“. Ein „Business-as-usual“, warnt er, „kann weitere globale Katastrophenrisiken (GCRs) hervorrufen“, weil es in einer „sich selbst untergrabenden, sich selbst schwächenden Dynamik, die Erträge und Lieferketten stört“, die „GCRs“ auslösen könnten.

Das Gespenst des Zusammenbruchs signalisiert zweierlei.

Erstens: Der Ausbruch von Identitätspolitik und Kulturkriegen, das Wiederaufleben rechtsextremer, islamistischer und anderer Formen des Extremismus, die Eskalation der geopolitischen Destabilisierung und so weiter sind alles Symptome des Niedergangs des Organisationssystems der Zivilisation: Die vorherrschende Ordnung, Weltanschauung, Wertvorstellung und Denkweise werden zunehmend obsolet, weil sie einfach nicht in der Lage sind, die Realität zu verstehen und unsere Probleme zu lösen.

Und zweitens ist dieser Prozess untrennbar mit dem technologischen Niedergang des vorherrschenden, von fossilen Brennstoffen dominierten Produktionssystems verbunden, in dem eskalierende Kosten und sinkende Erträge die Grundlagen dafür aus der Bahn werfen, wie unsere Gesellschaften die Dinge herstellen, die wir brauchen.

All diese negativen Signale sind nur die eine Seite der Release-Phase – die dunkle Seite. Es gibt eine helle Seite, die eng mit diesen Prozessen verbunden ist: die rasche Transformation jedes grundlegenden Sektors, der die Zivilisation definiert.

In den Bereichen Energie, Verkehr, Lebensmittel, Information und Materialien werden eine Reihe von acht Technologien leistungsfähiger, allgegenwärtiger und billiger als die etablierten Industrien. Gemeinsam bieten sie uns beispiellose Möglichkeiten, unsere Zivilisation zu verändern und unsere größten globalen Herausforderungen, einschließlich des Klimawandels, zu lösen – vorausgesetzt, wir arbeiten zusammen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Aber der sich entfaltende technologische Sprung ist nur die halbe Miete. Technologien sind letztlich Spiegelbilder unserer gesamten Beziehung zur natürlichen Welt – wie wir aus der Natur schöpfen. Sie sind also untrennbar mit wirtschaftlichen, politischen und sozialen Strukturen verbunden.

Robuste Daten deuten darauf hin, dass sich das gesamte Produktionssystem unserer Zivilisation im Wandel befindet; dass die Industrien, die sich auf dem Höhepunkt des Zeitalters der Gewinnung befinden, zusammenbrechen; und dass Industrien entstehen, die ein neues Zeitalter der Schöpfung einläuten und die Saat des nächsten Lebenszyklus der menschlichen Zivilisation in sich tragen.

Aber diese neuen Technologien entstehen in den Eingeweiden des alten, zentralisierten, hierarchischen industriellen Organisationssystems. Um die globale Phasenverschiebung zu skalieren, müssen wir nicht nur die sich entfaltenden technologischen Umwälzungen, die heute stattfinden, auf die beste Weise beschleunigen; Wir müssen einen kulturellen Sprung machen, der es uns ermöglicht, sie zum größten Nutzen für die Menschen und den Planeten zu nutzen.

Um auf dieser Welle zu reiten, müssen wir alles neu überdenken: die Sehnen unserer Zivilisation von Grund auf neu verdrahten und neu bewerten, wer wir wirklich sind, und zwar auf den tiefsten Ebenen.

A.S.S. – A.C.E.

A.S.S ist eine anarchistische sorge Struktur, die Hilfe bei Problemen bieten soll, die durch aktivistische und anarchistische Aktivitäten und deren Repressionen ausgelöst wurden

A.C.E is an anarchist care edifice which wants to help with Problems cause aktivism and there repression

A.S.S. – A.C.E. Anarchistische Sorge Struktur – Anarchist Care Edifice

Aktivismus ist häufig verbunden mit Repressionen, die sehr belastend sind für jede Psyche. Es passiert immer häufiger, dass viele der emanzipatorisch kämpfenden Aktivistis und Anarchist*innen ausgebrand sind, bis hin zu psychischer Zerstörung. Viele unserer Kompliz*innen haben es mit Post-Traumatischen-Belastungs-Störungen (PTBS), Depressionen und vielen anderen psychischen Erkrankungen zutun. Das System bietet hier keine Hilfe, die nachhaltig und sicher für betroffene Kompliz*innen ist. Viele Erfahrungen können besonders schlimme Auswirkungen haben. Aufenthalte im Gefängnis, gewaltsame Erfahrungen mit Polizei oder Angriffe von menschenverachtenen Rechten.

Activism often comes with repression an causes psychological trauma. Activist and Anarchists get more often burned out or sometimes get destroyed psychologically. Lots of confederates got PTSD, depression and other psychological sickness. The System got no help in the long term and is most of the time pretty unsafe. Most experiences have worse effects like being in prison, violent experiences with the police or attacks by right-wing people.

Es ist wichtig, erstmal ein sicheres Umfeld zu haben, dass die Probleme und Themen überhaupt verstehen kann und es braucht ein sicheres Netzwerk von Anarchist*innen, die Fähigkeiten in verschieden Disziplinen der Care-, Sozial- und psychiatrischen Arbeit haben. Wir brauchen ein organisiertes und anarchistisches Sorge Netzwerk, von Freiräumen und Orten an denen Aktivistis und Anarchist*innen sich verstecken und zur Ruhe kommen können, bis weitere Hilfe greifen kann.

It is important to have a safety environment which really understands the problems for the first time at all and it needs a network of anarchist people who have the abillities in disciplines like care and social work and in the work field psychatric. We need an organized, anarchistic network of free spaces and spaces where activists and anarchists can get shelter to hide and a space to come down until they can get help.

Hier auf dieser Plattform sollen Informationen eine erste Orientierungsmöglichkeit bieten über verschiedene Themen von Repressionen und ihren Auswirkungen. Der Kontakt zu weiterer Hilfe über verschlüsseltem PGP E-mail Verkehr ist ein Angebot, dass helfen soll Lösungen zu finden, die von dem System nicht gegeben werden und nicht zur Verfügung stehen. Zusätzlich steht ein Chatdienst über den Tor-Browser zu Verfügung, der erreicht werden kann und hohe Sicherheit und Anonymität bieten soll. Hierzu ist es nötig eine E-Mail mit dem Inhalt „ASS CHAT SCHLÜSSEL“ zu senden um den Zugangsschlüssel zu bekommen, der zum benutzen des Chats notwendig ist.

Here on this platform you can find information and orientation for different topics about repression and their effects. You also can contact us over crypted PGP mail, so we can try to find help and solve problems if the system got no help for you. There is also the possibility to use an chatservice over the Tor-Browser for maximum safety and anonymity. You need to send an E-Mail with the content „ACE CHAT KEY“ for getting the access key to use the chatservice.

Wenn du eine Person bist die in Not ist, dann kontaktiere uns und wir versuchen dir zu helfen. Wir können dich zu vertraulichen Personen weiter leiten und versuchen Lösungen zu finden.

If you are a person who needs help, contact us, we try to help. We can find confidential people who can help and find solutions.

Wenn du einen Freiraum hast, der Aktivistis und Anarchist*innen Platz bietet um sich von Repressionen zu erholen, dann schreibt uns gerne an und lasst uns in Kontakt treten.

If you are a person who has a space / free space which can give activists and anarchists shelter where they can recover from repressions write us an message and get in contact.

Wenn du eine Person bist, die sich um die Schwierigkeiten der aktivistischen und anarchistischen Personen in Not kümmern willst und kannst, da du dich in den Disziplinen Psychologie / Sozialarbeit / Carearbeit usw. auskennst, hilf mit, denn wir brauchen dich! Trete mit uns in Kontakt.

If you are a person that can help with problems that activists and anarchists have and you got skills with care and/or social work or work in the psychological field, join and help! cause we need you! Get in contact with us.

Solidarität muss weiter gehen! Solidarity must go on!

Wir brauchen Strukturen, die jetzt schon unseren freiheitlichen Vorstellungen entsprechen. We need structures right now which are like our freedom visions.

Ein Netzwerk wie dieses kann nur existieren, wenn Menschen sich beteiligen. Wir brauchen Strukturen, die sich darum kümmern, dass wir nicht verloren gehen, denn das passiert schon allzuhäufig. Erstmal können wir anfangen zu vermitteln und uns zu organisieren, denn im besten Fall helfen wir Individuen und stützen unsere Kämpfe für internationale Gerechtigkeit und Freiheit. Wir bitten darum sich einzubringen, input von Inhalten und verbesserungs Vorschläge zu machen und ähnliche Strukturen zu etablieren oder diese Struktur mit zu übernehmen. Beteilige dich!

A Network like this one can only exist if people join and help. We need edifices that help us to not get lost because that happens alot. First of all we can start to connect and organize because the best that what can happen is that we help individuals and make our fights stronger for an international justice an liberation. We need you all to join, give input and participate with suggetions and start edifices like this one. Participate!

Für die Anarchie – Für ein schönes und solidarisches Leben für alle!

Pipeline-Sabotage

Die LNG-Pipeline ausgehend vom Terminal Brunsbüttel hat ein Problem: sie ist löchrig.

Die Verantwortlichen sind unbekannt, aber warum passiert das eigentlich?

https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Loecher-in-LNG-Pipeline-Brunsbuettel-Bundesanwaltschaft-uebernimmt-Ermittlungen,lng918.html

Klimaaktivismus – wir alle kennen das.

Du machst eine Demo, mobilisierst viele Menschen. Du argumentierst mit der Wissenschaft. Wir müssen den CO2-Ausstoß reduzieren.

Die Politik findet das insgesamt gut, was in Gesetzen umgesetzt wird, reicht überhaupt nicht.

Also greifst du zu symbolischen Blockaden. Eine Straße, eine Aktionärsversammlung, eine Firmenzentrale. Du sagst: wir müssen jetzt raus aus fossilen Energien.

Die Grünen können dich irgendwie verstehen, vielleicht sind sie grad im Wahlkampf. Sie wollen mehr fürs Klima tun. Die CDU findet dich schlimm. Es passiert weiter nichts. Du liest Nachrichten von Dürren im Globalen Süden.

Nun gehst du dorthin, wo das Klima zerstört wird. Du blockierst Kohlegruben, Zementwerke, Schlachthäuser. Die Cops werden gewalttätig. Den Grünen fällt es schwer, sich zu solidarisieren geschweige denn irgendetwas fürs Klima zu tun.

Du trägst den Kampf weiter. Du besetzt ein Dorf, um es vor den Kohlebaggern zu schützen, einen Wald, um ihn vor einer Rodung zu retten.

Die Grünen sind inzwischen in der Regierung und verurteilen deinen Aktivismus.

Die Klimakrise ist inzwischen angekommen in Deutschland. Dürren, Überflutungen, Hitzewellen.

Auf die Politik vertraust du schon lange nicht mehr.

Vor Weihnachten brannten ein Kohlebagger im Lausitzer Revier sowie ein Betonwerk bei Berlin.

Aktuell berichtet der NDR von Sabotage in der LNG-Pipeline zwischen dem Terminal Brunsbüttel und Hetlingen nahe Hamburg. An drei Stellen seien Löcher in die Pipeline gebohrt worden. Erstmal wird kein Erdgas durch die Leitung strömen.

Klimaaktivismus bleibt notwendig. Wo Appelle verhallen, greifen wir zu Blockaden. Da wir nicht überall blockieren können, ist Sabotage gegen die Zerstörung unseres Klimas legitim.

Wer ein LNG-Terminal, eine Autobahn oder sonstige fossile Infrastruktur baut soll wissen: wir werden keine Ruhe lassen.

Es braucht ein Feuerwerk an Aktionen. Demos haben ihre Berechtigung, genau so wie Blockaden und direkte Aktionen. Die Klimagerechtigkeitsbewegung ist vor Allem eins: vielfältig.

Not Fine with your Pipeline!

Klima schützen – fossilen Kapitalismus sabotieren.