Am Samstag, den 11.11.2023, haben sich Jäger*innen dazu verabredet, dem vermeintlich heiligen Hubertus zur Ehre und aus Vergnügen an der mörderischen Sache Wildtiere aufzuscheuchen und dann zu erschießen. Von diesem Vorhaben hat eine Gruppe Aktivisti rechtzeitig erfahren, sodass einige ausgiebige Vorbereitungen zur Störung dieses unsäglichen Treibens stattfinden konnten. Der aus einer öffentlichen Mitteilung bekannte Treffpunkt wurde ausgekundschaftet und am Tag der Jagd von der Gruppe observiert. Als die Jäger*innen, nachdem sie sich begrüßt und besprochen hatten, in ihre fetten Karren stiegen, um zum gemeinschaftlichen Töten aufzubrechen, hat sich die in mehrere Kleingruppen aufgeteilte Aktivisticrew an die Wagen drangehängt und sie unauffällig verfolgt. Die Größe der protzigen Pickups der Grünröcke gereichte ihnen dabei zum Vorteil, da sie selbst dann sichtbar blieben, wenn einige andere PKW sich zwischen Jäger*innenauto und Verfolger*innenkarosse drängten. Von Nachteil hingegen war der testosterongeladene Fahrstil der Hobbymörder*innnen, der Geschwindigkeitsbegrenzungen offenkundig zur unzumutbaren Einschränkung liberaler Freiheiten werden ließ, auf die dann auch geflissentlich geschissen wurde. Es gelang den Aktivisti dennoch, den Konvoi bis an den Ort des Geschehens zu folgen. In noch sicherer Entfernung wurden sie von der Fahrer*in abgesetzt, um zunächst noch unbemerkt und aus der Distanz die Lage zu sondieren. In der hörbaren Umgebung aber fielen bereits die ersten Schüsse – anderswo hatte das Töten also bereits begonnen. In dem Augenblick, wie sich die von den Aktivisti verfolgte Gruppe Jäger*innen in Position begab, um zum Treiben anzusetzen, begaben sich die tierlieben Störenfriede aufs Feld und stellten sich vor die Flinten der Grünröcke. Diese reagierten spürbar irritiert, schauten verdutzt und suchten recht zügig darüber aufzuklären, dass sich alle unbefugten Personen schleunigst zu entfernen hätten. Ein offenkundig besonders bewegungsfreudiger Waidmann begann nach kurzer Zeit, den Aktivisti auf die Pelle zu rücken und ihnen, da sie selbstredend auswichen, hinterher zu laufen. Nun wurde also Jagd auf Aktivisti statt auf Tiere gemacht; zum großen Glück von Ersteren allerdings ohne Gebrauch der Schusswaffe und nach wenigen Metern auf schlammigem Grund auch nur noch sehr halbherzig. Leichter war da der Griff zum allzeit verfügbaren Smartphone, mit dem sogleich gedroht wurde, die blauen Menschen mit Waffen zur Unterstützung hinzuzurufen. Da der Kontakt mit jenen erfahrungsgemäß wenig erbaulich verläuft, entschloss sich die Gruppe Aktivisti zum vorläufigen Rückzug. Eine Verzögerung der Jagd hatte bereits stattgefunden und den übellaunigen Kommentaren der beteiligten Jäger*innen zurfolge hatte die Präsenz der Störer*innen die Erfolgsaussichten auf erfolgreiches Töten bereits erheblich geschmälert. Die Gruppe entschloss sich, sich zunächst dem Sichtfeld der angesäuerten Flintenfeger zu entziehen und sich in Richtung der bereits abgefeuerten Schüsse zu bewegen. Es dauerte nicht lange, bis sie auf die nächste Gruppe Jäger*innen stieß, die bereits begonnen hatte, aus Gründen der Naturverbundenheit Lebendiges in Totes zu verwandeln. Auch hier begaben sich die Aktivisti im wahrsten Sinne des Wortes ins Gefecht und zwangen die Jäger*nnen dadurch, ihr Treiben einzustellen. Waren die ersten Jäger*innen noch am mutmaßen, ob sie auf besonders renitente Spaziergänger*innen mit schlechtem Hörvermögen gestoßen waren, waren die auf dem zweiten Feld agierenden Hubertusjünger deutlich weniger überrascht. Die Nachricht von intendierten Störaktionen schien also bereits die Runde gemacht zu haben. Kurzerhand wurde von einem Waidmann mit autoritärer Intonation das Vorzeigen eines Ausweisdokumentes eingefordert, was ganz zur zusätzlichen Erzürnung des sich ohnehin schon aufbäumenden Jägers selbstredend ignoriert wurde. So blieb den von der Jagd Abgehaltenden auch hier nur wieder der Griff zum Smartphone und die Anrufung der staatlichen Autorität. Während diese sich womöglich aus der nächstgelegenen Stadt auf den Weg in die Kaparten machte, brach die Aktivistigruppe erneut auf und machte sich auf den Weg zur nächsten Störaktion. So ging das dann noch eine ganze Weile weiter, bis irgendwann die Dunkelheit einbrach und alle Aktivisti ohne Polizeikontakt vom Komplizenauto wieder eingesammelt und an einen sicheren Ort gebracht wurden. Dort angekommen hatte eine Genossin bereits gekocht: es gab Anti-Jäger*innenschnitzel.
Month: November 2023
Dystopia: Hasepost: BlackFriday
Da waren wohl Aktivisten am Werk: In der Nacht zum heutigen Freitag (24.11.) wurden in der Osnabrücker Innenstadt die Türen von mindestens vier Geschäften mit Ketten und Vorhängeschlössern abgeriegelt.
Die Schlösser waren mit der Aufschrift “Die Schwarzen Vier” markiert. Dabei handelt es sich um eine Bande aus der Hörspielserie “Bibi Blocksberg”. Offensichtlich soll mit der Handlung gegen die Konsumgesellschaft zum heutigen Aktionstag Black Friday protestiert werden. Am Black Friday gewähren viele Onlienshops und Geschäfte weltweit und somit auch in Osnabrück teils große Rabatte.
Mindestens vier Geschäfte in Osnabrück betroffen
Betroffen sind in der Friedensstadt mindestens der Gravis-Store sowie die Geschäfte Superdry, Snipes und Wellensteyn, bei denen die Türen blockiert wurden. Wie die Polizei auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilt, hat sich bislang noch niemand zu den Taten bekannt. Ermittelt würde wahrscheinlich aufgrund einer Nötigung, auch der Staatsschutz sei involviert. Wie der HASEPOST berichtet wurde, soll gestern Abend ein schwarzes Auto mit dunkel gekleideten Menschen aufgefallen sein, das sich sehr langsam durch die Große Straße bewegte.
In den vergangenen Jahren sind vor allem die Aktivisten von Extinction Rebellion (XR) mit Aktionen gegen den Black Friday aufgefallen, indem von ihnen zum Beispiel ein Einkaufszentrum in der Schweiz abgeriegelt oder vor einer Shoppingmall in Hamburg protestiert wurde. Bislang gibt es aber keinerlei Erkenntnisse, ob XR auch für die Aktion in Osnabrück verantwortlich ist.
Update 19:00 Uhr: Inzwischen erklärte XR auf Nachfrage unserer Redaktion, dass sie in keiner Verbindung mit der oben beschriebenen Aktion stehen.
Extinction Rebellion verschenkt am 25.11. Kleidung am Neumarkt
Stattdessen hat XR Osnabrück heute bekannt gegeben, dass sie morgen (25.11.) ab 13:00 Uhr am Neumarkt Second-Hand-Kleidung verschenken wollen. „Während durch den Black Friday finanziell gutgestellte Konsumentinnen konsumieren, bedeutet er doch vor allem eins: Riesige Profite für die Konzerne, Überkonsum und massive Umweltschäden. Auch ist es für viele Menschen mit knappem Budget nicht möglich, den Black Friday zu zelebrieren, stattdessen müssen sie sich täglich Gedanken darüber machen, wie sie über die Runden kommen. Dem stellen wir uns solidarisch entgegen. Durch unser Angebot versuchen wir, dieser Profitlogik zu entgehen“, heißt es in einer E-Mail an unsere Redaktion.
Copy/Paste von der Hasepost:
Einfach Essen verteilen
Erfahrungsbericht eines Menschen vom solidarischen Aufbau. Am 20.11.23 wurde das erste mal die Aktion unternommen in der Stadt Osnabrück warmes Essen und Getränke auszugeben.
Die kalten Tage beginnen, aber ehrlich gesagt ziemlich spät in diesem Jahr. Dennoch scheiße für die Menschen, die zu diesen Zeiten draußen in der Kälte leben oder die meiste Zeit ihres Tages dort verbringen müssen. Die Stadt Osnabrück hat ein reichhaltiges Angebot für Menschen, die es sich leisten können, sich beim Einkaufen und Shoppen warme Mahlzeiten und Getränke für zwischendurch zu gönnen. Menschen auf der Straße, die sich kleines Geld erarbeiten, indem sie auf den ein oder anderen solidarischen Menschen hoffen, schauen derweil den konsumierenden Privilegierten zu. Heute bin ich mit anderen Menschen vom solidarischen Aufbau zusammen durch die Osnabrücker Innenstadt gezogen, mit Fahrradanhängern ausgerüstet, mit Kaffee und warmer Kartoffelsuppe, containerten Brötchen und Brot. Wir haben einige Menschen getroffen, die sich sehr dolle gefreut haben über eine warme Mahlzeit und wärmende Getränke. Wir haben viele nette Gespräche führen können und uns über Erfahrungen auf der Straße und allgemein über Vieles ausgetauscht. Da ich selber immer mal wieder in meinem Leben wohnungslos war und in gleichen Situationen gesteckt habe, war es für mich besonders schön warmes Essen und Getränke zu verteilen, da ich das zu meiner Zeit auf der Straße auch gebraucht und ich mich sicherlich für diesen Tag etwas besser gefühlt hätte. Viele Probleme sind klar. Es braucht Wohnraum, Orte, an denen Menschen sich unter angenehmen Umständen aufhalten können und mehr solidarische Angebote, die die Menschen zu selbstständiger Stabilität verhelfen können. Wir sind nur eine kleine Gruppe, die längst nicht bieten kann, was es eigentlich braucht. Aber mit wenigen Mitteln, anarchistischer Hoffnung und Bestrebungen danach, etwas Sinnvolles zu tun, können wir wenigstens kurz den Menschen, die vom System völlig ignoriert werden, das Gefühl geben, dass nicht alle wegschauen wollen und können. Der Staat löst keine Probleme für die Außenseiter der Gesellschaft, deshalb müssen wir Menschen das tun und Gegenstrukturen organisieren. Ich hoffe wir werden mehr und nehmen unsere Leben als Menschen wieder selbst in die Hand. Ich will, dass das geht und ich lass mich nicht davon abhalten es zu versuchen. Deshalb laden wir die Menschen zu unserem offenen Plenum ein, immer der erste Dienstag im Monat, damit wir uns zusammen organisieren können. Wir brauchen Strukturen, die unsere wirklichen Bedürfnisse nach sozialer Akzeptanz, kreativer Verwirklichung, Nahrung und witterungsfesten Unterkünften, stillt. Die Systeme haben keine gerechten und fairen Angebote für uns Menschen. Sie schaden uns und allem Leben auf der Welt und bieten dem Menschen nur künstliche Befriedungen. Wir werden weiter durch die kalten Tage ziehen, mit gespendeten Jacken, Schlafsäcken usw., containertem Essen und warmen Getränken, so oft wir es schaffen. Ich will einfach, dass es besser wird!
Die Stadt gehört allen! Für ein solidarisches, anarchistisches Miteinander!
Mirage 2000+
von Juan Tramontina
Das ist total unfair, dachte Menara. Gerade hatten die Vereinigten Staaten angekündigt, aus dem Pariser Klimaschutzabkommen auszusteigen. Wie sollen wir das bloß noch schaffen?
Sie lief in die Wohnküche und bereitete eine große Kanne Kräutertee zu. Eine Entspannungstasse für sich selbst, den Rest ließ sie stehen. Es dauerte nie lange, bis die Kanne leer war.
Zurück in ihrem Zimmer ging sie wieder online. Mit ihrer klimaaktivistischen Gruppe hatte sie viel Lobbyarbeit für ein solches Abkommen betrieben, und jetzt das. Es war definitiv ein heftiger Rückschlag. Und ein dezenter Hinweis darauf, dass sie an ihrer Strategie arbeiten musste. Womöglich hatte sie den Fokus zu stark auf den Bereich der Regierungspolitik gelegt. Zu allem Überfluss las sie im Internet, dass die EU nach aktuellem Stand ihre selbst gesetzten Klimaziele nicht erreichen würde. Erst spät schlief sie ein. Wieder einmal.
„Menara, baki, baki!“ Rini verfiel immer ins Esperanto, wenn sie ihre jüngere Schwester aufrütteln wollte. „Wir müssen los!“ Es stimmte, sie waren mit Backen dran. Vor drei Wochen, am ersten Sonntag des Monats, hatten sie auf der Nachbarschaftsversammlung vereinbart, heute für den ganzen Block Pizza zu backen. Im Hinterhof wartete schon die restliche Meute, etwa ein Dutzend Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 und 17. Es bildeten sich drei Gruppen: Eine sollte sich um die riesige Teigmasse kümmern. Angeleitet von Rini, deren Arbeit dieses Jahr darin bestand, den weitläufigen Gemüsegarten zu pflegen, sollte eine weitere Gruppe die überdachten Tomatensträucher abernten und die überall verteilten Basilikum- und Oregano-Pflänzchen absuchen. Und eine dritte war für das Anheizen des größeren der beiden Lehmöfen verantwortlich. Auf den Dächern drumherum blitzten die Solarpaneele, und die Gemeinschaft hatte es sich nicht nehmen lassen, im Innenhof gemeinsam die altmodischen Lehmöfen zu bauen und zu betreiben. Den ganzen Nachmittag über kamen Leute vorbei, aßen Pizza und beglückwünschten die Bäckerbande zu ihrem Geschick. „Dankon!“, riefen sie ihnen zu.
Über Lehm- und andere Öfen sinnierend, kam Menara schließlich auf das Thema Braunkohle, einem der zentralen Energieträger des Landes, aber auch weltweit. Ihr Urteil war schnell gefallen: Diese Dreckschleudern, die sich Kohlekraftwerke schimpften, waren ein Übel sondergleichen. Im Vorfeld der Weltklimakonferenz in Bonn beteiligte sich ihre Gruppe an einer Protestaktion vor einem solchen Kraftwerk. Vor den Toren hielten sie Transparente hoch, doch dahinter brannten die Öfen weiter. Irgendetwas stimmte nicht. Sie beschloss, ein wenig Zeit verstreichen zu lassen. Sie zog sich von der Gruppe zurück und überließ das Ganze seinem Lauf. In der Zwischenzeit ordnete sie ihre Gedanken. Kohlekraftwerke, die die Industrie am Laufen hielten, die das ganze System am Laufen hielten …
„Ĉu vi volas vojaĝi al Berlino?“ Rinis Frage riss Menara unsanft aus ihren Überlegungen. Was soll diese Frage jetzt? Und was soll ich in Berlin? Sie weiß doch ganz genau, dass Reisen nicht so mein Ding sind.
„Es sind gerade ein paar Plätze im Zug frei.“
„Du siehst doch, dass ich beschäftigt bin!“, platzte es aus Menara heraus.
Rini nickte. „Hätte ja trotzdem sein können, dass du Lust hast, was zu erleben. Aber wer bin ich schon, um darüber zu urteilen, womit andere Leute ihre gesamte Zeit verbringen? Wir sehen uns!“ Die Tür fiel hinter ihr zu.
Menara begann ihre Informationsquellen zu diversifizieren, eine Tageszeitung hier, eine Radiosendung dort, ein Videoblog ganz woanders. Über Twitter wurde sie schließlich auf etwas aufmerksam, das sie sofort begeisterte: Eine Gruppe junger Menschen hatte alles hinter sich gelassen, war in der Nähe von Aachen in einen Wald gezogen und hatte angefangen dort zu leben. Nicht auf dem Boden, sondern auf Bäumen. Die Rodung der Reste eines der ältesten deutschen Primärwälder sollte so verhindert werden. Wahnsinn, dachte sie. Das ist ein ganz anderer Ansatz als Lobbyarbeit oder symbolische Aktionen. Das ist es, wonach ich die ganze Zeit gesucht habe. Direktes Einwirken – ohne Umschweife oder Mittlerpersonen. Ihre Umweltgruppe ließ sich schnell von der Idee begeistern, dieses Projekt zu unterstützen. Gemeinsam ließen sie sich auf dem Wiesencamp nieder, wo die Unterstützer der Waldbesetzung und der Baumhäuser im Hambacher Forst ihr Lager hatten.
Ihre Tür ging auf. „Ich habe was mitgebracht … Aber schauen musst du schon selbst!“ Rini drängte sie in Richtung Fenster. Menara schwieg, ließ sich aber dennoch von ihr führen. Was will sie denn jetzt? Sie platzt immer rein, wenn ich … Oh, was?! Kann doch nicht wahr sein! „Deswegen wollte ich, dass du mitkommst“, beantwortete Rini Menaras fragenden Blick. „Ich mich bereits vor einem halben Jahr bei der neuen Manufaktur in Berlin auf die Liste für ein Lastenrad eingetragen – und dafür an anderer Stelle eine notwendige Tätigkeit erledigt. Jetzt hat unser Block auch eines.“ Hand in Hand sprangen Menara und ihre große Schwester im Kreis.
Menara war zurück bei ihren Klimaaktiven. Mit dieser Gruppe hatte sie schon mehr über klimatische und politische Zusammenhänge gelernt als innerhalb ihres Kreises zur gegenseitigen Bildung an der Schule. Und sie sollte noch deutlich mehr lernen – am eigenen Leib sozusagen: Eine Million Arbeitsstunden setzte die Polizei ein, um 77 Baumhäuser zu räumen – zugunsten des Braunkohletagebaus. Menara kam dabei zum ersten Mal in Polizeigewahrsam.
Sie wusste nicht, was sie davon zu halten hatte. Sie bereute keine ihrer Taten, aber die Erfahrung hatte sie durchaus mitgenommen. Dass es am Ende – und direkt im Anschluss an die Räumung – ein Gericht war, dass die Rodung untersagte und den gesamten polizeilichen Einsatz rund um die Baumhäuser ad absurdum führte, war immerhin eine mehr als kleine Genugtuung. Jetzt musste sie aber vorerst abschalten. In ihrem Stadtviertel begann das halbjährliche Schenkfest, eine willkommene Abwechslung. Auf dem neuen Lastenrad brachte sie gemeinsam mit Rini, neben einigen Sachen aus dem Haus, eine kleine Kommode, die sie nicht mehr brauchten, sowie verschiedenste Kleidungsstücke, die noch gut in Schuss waren, auf den großen – und völlig überfüllten – Platz. Das Event, nach dem Objekte aller Art wild durcheinander gewürfelt überall im Stadtviertel und darüber hinaus wieder auftauchten, war eines der beliebtesten Feste im Jahr. Menara musste schmunzeln. Das dort drüben ist doch mein selbst bemaltes T-Shirt vom letzten Jahr! Ein Mädchen lief an ihr vorbei, mit einem Ausdruck großer Zufriedenheit im Gesicht.
Ein Grinsen tauchte auch auf Menaras Gesicht auf, als sich wie aus dem Nichts plötzlich Fridays for Future wie ein Virus rasant verbreitete. Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt entschieden plötzlich, sich zur Wehr zu setzen – gegen eine Zukunft, die für sie allzu katastrophal aussah. Menara animierte ihre Gruppe sofort, sich auch dort zu engagieren. Ein halbes Jahr später kam es zu einem globalen Protesttag. Hunderttausende waren auf den Straßen unterwegs. Menara natürlich mit dabei. Doch obwohl die Dringlichkeit des Themas immer mehr Menschen bewusst wurde, passierte – vom Aufschwung grüner Parteien mal abgesehen – vergleichsweise wenig. Klar, was sind schon unsere Druckmittel? Ein Schulstreik unterscheidet sich halt in einem Punkt total von einem Arbeitsstreik. Er tut niemanden weh.
Rini verabschiedete sich von ihrer Schwester und ging – wie sie stets schmunzelnd zum Besten gab – zu ihrer zweiten „Arbeitsstelle“. Menara hatte sie dort beobachtet: In ihrer Werkstatt arbeitete Rini tatsächlich. Hauptsächlich für sich selbst. Immer wieder entstanden Werke, richtige Kunstwerke: Aus recyceltem Papier und Hanffäden, Zweigen und Muscheln gebastelte, verdrehte und leuchtende Landschaften, die entweder an ein Haus gingen, in dem jemand eine notwendige Tätigkeit erledigt hatte, oder an einen der vielen Ausstellungsräume. Manchmal sogar an ein Museum. Menaras Augen leuchteten bei diesen Gedanken auf. Nächstes Jahr würde auch sie eine eigene Werkstatt oder einen anderen Raum zum Ausleben ihrer Kreativität und ihres Schaffensdrangs haben können.
Tagelang dachte Menara über die Taktiken und Strategien der Umweltschutzbewegung nach. Am Ende schien ihr Fridays for Future einfach zu handzahm. Wichtig, aber nicht effizient genug. Sie stieg mit ihrer Gruppe bei XR ein – Extinction Rebellion. Eine Straßenblockade jagte die nächste. Beinahe im Wochenrhythmus landete sie jetzt im Polizeiarrest. Anfangs noch bei jeder einzelnen Festnahme wie vom Blitz getroffen, nahm die Betroffenheit rapide ab. Das Ganze kam ihr nur noch absurd vor. Wollen die Verantwortlichen die Klimakatastrophe gar nicht verhindern? Was soll diese polizeiliche Überreaktion bezwecken? Hört hier denn niemand auf die Jugend? Was ist das für eine Gesellschaft?!
Möglicherweise in Reaktion auf Fridays for Future und XR erklärte die EU schließlich den Klimanotstand. Ignoranz wollte sich scheinbar niemand vorwerfen lassen. Was beachtlich klang, hatte jedoch keinerlei konkrete Folgen. Und kurz darauf war vom einem neuen Virus die Rede. In China kam es zum Lockdown, in Norditalien drohte der Stillstand einer ganzen Region. Menara verkroch sich in ihr Bett.
Früh morgens war sie nochmals kurz online. Mit Tränen in den Augen rannte sie in Rinis Zimmer und legte sich zu ihrer noch schlafenden Schwester. Menaras Unruhe spürend, war diese im Nu hellwach. „Ist mit dir alles in Ordnung, Liebes?“
„Ja, klar! Ach, was weiß ich?! Nein. Alles scheiße!“
„Was denn los?“, wollte Rini wissen.
„Das ist doch alles mega unfair! Jetzt wurde das Virus auch noch zu einer Pandemie erklärt. Alles ist lahmgelegt.“
„Verstehe … dein immersives Strategiespiel aus dem Umweltunterricht.“ Rini blieb ganz ruhig, öffnete ihr Interface und loggte sich bei Menara ein. Diese fing an zu schluchzen. Rini schaute sich auf Menaras VR-Rechner um.
„Nimm dir das nicht so zu Herzen, Kleine. In welche Rolle bist du geschlüpft? Die Industriellen?“
„Normale Bevölkerung. In Form einer kleinen Umweltschutzgruppe“, antwortete Menara knapp.
„Ok, neniu surprizo!“, sagte Rini. „Deren Spielziele sind faktisch unerreichbar. Eigentlich wäre ein anderes politisches System nötig, doch das ist schwierig in der kurzen Zeit.“
„Lässt sich die Welt denn überhaupt nicht retten?“ Menara weinte nicht mehr, sondern blickte ihre Schwester verblüfft an.
„Am Anfang denkst du noch ‚Ist ja genug Zeit, wird schon alles‘. Am Ende ist die Entwicklung rasant und für eine Kehrtwende sind die Kräfteverhältnisse zu ungleich verteilt“, sagte Rini. „Deswegen der Titel des Spiels: ‚Alternativ-Erde 2000+: Klimawandel-Challenge – Mirage-Edition‘. Aber bei dem Spiel geht es auch weniger ums Gewinnen im simulierten Szenario, als darum, welche Schlüsse wir aus der Erfahrung für unsere eigene Welt ziehen. Allerdings halte ich die Weltrettung in dieser Spielvariante größtenteils für reine Mirage, eine Fata Morgana!“
Obdachlosenhilfe Winter 2023
Seit einigen Wochen sinken die Temperaturen im Osnabrücker Land, es geht allmählich auf den Winter zu. Laut offiziellen Zahlen leben in Osnabrück etwa 70 obdachlose Menschen (obwohl die Dunkelziffer viel höher liegt), also Menschen in besonders schwierigen sozialen Situationen und finanziellen Nöten, die kein Dach über dem Kopf haben, keine Wohnung oder Unterkunft, die einen Rückzugspunkt und Schutz vor Witterungen darstellt, jedoch wird diese Zahl aufgrund fehlender Erfassung und Dunkelziffern meist weit unterschätzt.
Die Angegbote für Obdachlose Menschen in Osnabrück sind dünn gesät, so gibt es zum Beispiel die Wärmestube des Bischöflichen Stuhls zu Osnabrück in der Bramsche Straße 158 die Öffnungszeiten belaufen sich jedoch Montag bis Donnerstag von 7 bis 17 Uhr und Freitag bis Sonntag und an Feiertagen von 7 bis 13 Uhr.
Oder den SKM – Kath. Verein für soziale Dienste in Osnabrück e.V. in der Bramscher Str. 11 der verschiedene Einrichtungen zur Obdachlosenhilfe betreibt und unter anderem Wohnungslosenhilfe in Form von Beratung anbietet.
Der solidarische Aufbau möchte nicht etwa eine Anlaufstelle für Obdachlose bieten, viel eher will dieser die Menschen unterstützen. Der solidarische Aufbau schafft Strukturen, die für sie und alle Menschen zugänglich und hilfreich sind, dadurch will der solidarische Aufbau sich gemeinsam mit den Betroffenen von unten organisieren. Die Menschen vom solidarischen Aufbau wollen nicht wegschauen, sondern gezielt Menschen ansprechen und im besten Fall so ausstatten, dass ihnen zumindest ein bisschen besserer Schutz vor der Kälte ermöglicht wird.
Zu diesem Zweck ruft der solidarische Aufbau die Bevölkerung zur Solidarität auf!
Um das Vorhaben umzusetzen benötigen dieser Hilfe in Form von Sachspenden. Wenn ihr etwas übrig habt, oder den solidarischen Aufbau unterstützen wollt, könnt ihr der nachfolgenden Liste die benötigten Dinge entnehmen.
Spendenliste:
- Schlafsäcke
- Isomatten
- warme Decken
- Gaskocher und Gaskartuschen
- warme Socken und Unterwäsche
- Mützen, Winterbekleidung, Handschuhe
- Hygiene-Artikel (z.B. Taschentücher, Zahnbürsten, Zahnpasta, Menstruationsartikel, Feuchttücher, Desinfektionsmittel usw)
- Snacks / haltbare Nahrungsmittel
- alte (funktionierende) Handys
- Powerbanks
- Erste-Hilfe-Artikel (Pflaster, Bandagen, Rettungsdecken)
- Hundefutter, Hunde-Leckerlies, Spot-Ons, Hundezubehör
- Zelte
- Thermoskannen/ Thermosbecher
- Fahrradschlößer (auch Fahrräder)
- Bollerwagen / Fahrradanhänger
Spenden Abgabe
Spenden nimmt der Solidarische Aufbau am 09.11.2023 und am 23.11.2023 jeweils ab 18 Uhr im SubstAnZ in der Frankenstraße 25a entgegen. Kommt gerne mit euren Spenden vorbei und holt euch anschließend leckeres Essen bei der KüfA ab!
https://solidarischeraufbau.blackblogs.org
Ggf weitere Termine zum Abgeben von Spenden werden noch bekannt gegeben.
Solidarity not Charity!
Guerrilla Gardening
Naive Praxis für Post Civ’s
Bauen wir Hochbeete!
Materialien:
- Paletten (liegen überall im Urbanen Raum; gibt es zu verschenken auf „kleinanzeigen“)
- Nägel, Hammer, Schrauben, Schrauber
- Versuche es ohne Folie, Nagel lieber dickere Holzbretterschichten an den Wandseiten
Hochbeet Beispiel
Idieller Schichtaufbau:
1. Schicht: Äste, Zweige oder Holzhäcksel
2. Schicht: umgedrehte Rasensoden, Laub oder Rasenschnitt
3. Schicht: halbreifer Kompost und eventuell halb verrotteter Mist
4. Schicht: Humus (reifer Kompost etc.)
Warum Hochbeete im urbanen Stadtraum platzieren?
Es ist doch absurd, dass Mensch für die Befriedung des Grundbedürfnis Nahrung, in Supermärkte und Einkaufsläden läuft, um Produkte und Waren konsumieren zu können. Eigentlich sollten wir doch fähig sein uns um unsere Grundbedürfnisse kümmern zu können, oder nicht?
Da Ressourcen wie Land dem Menschen nicht mehr zur Verfügung stehen, weil unsinnige Systeme einzelnen diese als Eigentum zuschreiben, nutzen wir einfach die als „öffentlich“ deklarierten Räume und bauen auf verdichteten Boden, kleine Oasen mit lebendiger Erde, die zur Nahrungsanpflanzung genutzt werden kann, in Form von Hochbeeten. Natürlich werden Menschen nicht selber auf die Idee kommen diese mit essbaren Pflänzchen zu bestücken. Das werden wir auch erst noch übernehmen müssen. Zusätzlich wichtig dabei sind Schilder, Informationsmaterialien und Hinweise darüber, was das gebaute und aufgestellte Objekt ist, wozu es da ist und wie es zu nutzen sein sollte/ erhalten werden kann. Ich empfehle Informationsmaterial über Perma-Kultur und die dahinter stehende Philosophie.
Empfehlung: Permakultur im Bio Garten von Damien Dekarz oder Hier ein Link für eine pdf Datei von David Holmgren – Das Wesen der Permakultur:
https://files.holmgren.com.au/downloads/Essence_of_Pc_DE.pdf
Viel Spaß beim Guerrilla Gardening!
Solidarischer Aufbau
Der „Solidarisch Aufbau“ – Eine Vorstellung
Gemeinsam gegen jede Krise, für ein solidarisches Miteinander!
Wir sind ein anarchistisches Aktivisti und Künstler*innen Kollektiv aus Osnabrück, das sich mit verschiedenen Projekten versucht aktiv Freiräume zu erschließen und den öffentlichen Raum für alle nutzbar zu machen.
Gestartet sind wir mit dem Bau von Schlafwagen für Obdachlose Menschen. Diese sollen ihnen ein Minimum an Sicherheit und Schutz zurückzugeben und eine Chance aus der Obdachlosigkeit zu entkommen. Dafür unterstützen wir sie auch bei alltäglichen Problemen. Leider sind die gebauten Schlafwagen im öffentlichen Raum durch die Stadt Osnabrück permanent räumungsbedroht. So kann der enormen Nachfrage nach weiteren Schlafwagen nur schwer nachgekommen werden, diese lediglich auf Privatgrund stehen dürfen.
Außerdem bauen/betreuen wir Umsonstwägen. Nach dem Prinzip der Solidarwirtschaft, also der gemeinsamen Nutzung von Ressourcen, haben wir in der Stadt und Umgebung von Osnabrück bisher insgesamt 16 Tauschwägen aufgestellt, um den Menschen eine Plattform zum Tauschen und Verschenken von materiellen Dingen des alltäglichen Lebens, wie z.B. Kleidung, Haushaltsgegenstände uvm, zu geben.
Wenn ihr uns unterstützen wollt sprecht uns gerne an oder kommt zu unserem offenen Plenum jeden ersten Dienstag im Monat um 19 Uhr im Substanz.
Wir freuen uns auf zukünftig viele weitere solidarische Projekte!
Weitere Infos und Kontakt unter:
Website: solidarischeraufbau.blackblogs.org
Telegram/Instagram: solidarischerAufbau
E-Mail: solidarischer-aufbau@solidaris.me
Kollektivnummer: 01789324773
Erfahrungsbericht einer Tierbefreiung
Einleitende Worte
In einer Welt der Herren wimmelt es nur so vor Knechten, deren Elend den Reichtum der Wenigen begründet. Doch während sich die Herr-Knecht-Dialektik bei Hegel noch als eine Allegorie auf die Klassengesellschaft lesen lässt, in der von den Geknechteten die treibende Kraft der Veränderung ausgehen kann, so hilft es, sich mithilfe der Wolkenkratzer-Metapher von Horkheimer die ohnmächtige Stellung der Tiere Gewahr zu werden: In einem Aphorismus aus dem Jahr 1934 versinnbildlicht der Theoretiker der Frankfurter Schule den Gesellschaftsbau durch einen Wolkenkratzer, an dessen Spitze die Großkapitalisten stehen und in dessen Keller „das unbeschreibliche, unausdenkliche Leiden der Tiere, die Tierhölle in der menschlichen Gesellschaft […], der Schweiß, das Blut [und] die Verzweiflung der Tiere“ verortet ist. Was den Tieren in unserer Gesellschaft widerfährt, wie sie in der Tat völlig endindividualisiert und zu Objekten des Gebrauchs gemacht werden, vierdient die moralische Empörung aller, die es mit der befreiten Gesellschaft ernst meinen. Den Marxschen Imperativ, der verlangt, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“, gilt es dringend auf die Tiere auszuweiten und weil – Achtung: Polemik – diverse Marxist*innen ja so ihre Probleme mit der Moral als Bewusstseinsphänomen des Überaus haben, sei an dieser Stelle zumindest kurz eingeworfen, dass sich die Befreiung der Tiere auch rein materialistisch begründen ließe: das Ausmaß der tierproduktbedingten Naturzerstörung zwingt selbst die hartgesottensten Marxist*innen zu der Einsicht, dass das gesellschaftliche Mensch-Tier-Verhältnis dringend überdacht gehört. Aber unabhängig davon ist es sowieso absurd anzunehmen, Marxist*innen kämen ohne Moral aus, denn in einem solchen Falle wäre mir schleierhaft, woher denn eigentlich deren Impuls zu Veränderung der bestehenden Verhältnisse kommt? Natürlich steht auch bei Marxist*innen zu Beginn ihrer politisch-analytischen Auseinandersetzungen mit den gesellschaftlichen Verhältnissen zuallererst das Entsetzen über die Ungerechtigkeit und das Leiden in der Welt. Wozwischen zu unterscheiden sicherlich sinnvoll ist, ist das Vorhandensein moralischer Ansprüche und dem Moralisieren als politische Strategie. Letztere nämlich läuft leicht Gefahr, ausschließlich das Individuum anstelle der gesellschaftlichen Verhältnisse zu adressieren.
Die Befreiung
Ich möchte in diesem Beitrag jedenfalls davon berichten, wie Kolleg*innen und ich uns eines Nachts in den Keller des Horkheimerischen Wolkenkratzers begeben haben, um insgesamt 130 Legehennen aus ihrer elendigen Existenz zu befreien und an einen Lebenshof zu übergeben. Mein Motiv war übrigens kein politisch strategisches; ich habe weder effektiv-altruistische Überlegungen angestellt (die wahrscheinlich zum Abbruch der Aktion geführt hätten), noch habe ich mich gefragt, inwieweit der Diebstahl von 130 Legehennen den Betreiber des Betriebs ökonomisch schadet (der Schaden dürfte bei über 50.000 Tieren vor Ort lachhaft gering ausfallen). Was mich angetrieben hat, würde ich als einen Akt der materialistischen Solidarität bezeichnen: Mein Bewusstsein darüber, dass es da unzählige Lebewesen gibt, die mir in punkto physischer Leidensfähigkeit um nichts nachstehen und die kaum vorstellbare Qualen leiden, verdreht mir regelmäßig den Magen und erkaltet mir das Herz. Damit meine ich nicht, wie sich jetzt vielleicht vermuten lässt, dass mein Herz kalt in einem Sinne der Unempfindlichkeit wird – ganz im Gegenteil: Immer, wenn ich mir Gewahr werde, dass da draußen quälbare Körper auf Bedingungen treffen, die sich anders denn als qualvoll nicht beschreiben lassen, zieht es sich in meiner Brust zusammen und ich erlebe diesen Zustand als unangenehme Kälte in der Herzgegend. Mit Freund*innen zusammen entschließe ich mich also, wenigstens einige Individuen aus diesen Zuständen des Elends zu befreien. Ein Kampf gegen Windmühlen letztlich, vielleicht eine Sisyphusarbeit, aber nicht nur müssen wir uns den Sisyphus als einen glücklichen Menschen vorstellen, sondern auch gilt der leicht pathetisch, aber deswegen nicht unwahre Satz: Ein befreites Tier ändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für das befreite Tier. Nun soll an dieser Stelle noch dringend hervorgehoben sein, dass jede Tierbefreiung erst ermöglicht wird durch Menschen, die sich um die befreiten, oft in einem stark pflegebedürftigen Zustand befindlichen Tiere kümmern. Ohne Pflegestellen, ohne Lebenshöfe und ohne Ehrenamt keine Tierbefreiungen, so einfach ist das. Der Akt der Befreiung, das sich mit dem Nachtsichtgerät in Tarnkleidung durchs Feld zur Anlage Vorarbeiten, mag einen noch so (völlig unrealistischen) heroischen Anschein haben: die Befreiung selbst ist nur der Anfang, eine singuläre Nacht-und-Nebel-Aktion. Was tatsächlich heroisch ist, ist die tägliche Pflege der Tiere, die Fahrten zur Tierärztin mit ihnen, das von ihnen Abschiednehmen am Ende des gemeinsamen Weges.
VOR jeder Befreiung gilt es unbedingt eine Unterkunft für die Tiere zu organisieren, das ist die absolute Bedingung dafür, überhaupt loszuziehen.
Wir haben uns also auf einem abgelegenen Parkplatz versammelt, schon in Dunkelheit, aber mit noch ausreichend Zeit, um den Ablauf der Aktion in aller Ruhe durchzusprechen. Wir checken, ob wir alles Notwendige dabei haben und ob unsere Geräte funktionieren. Dann steigen wir ein, um in Richtung eines unweit von der Anlage gelegenen Parkplatzes aufzubrechen. Einen Zwischenstopp legen wir ein, um die vielen Transporttaschen und Boxen, die es braucht, um 130 Hennen zu transportieren, in einem Gebüsch strategisch so zu platzieren, dass wir sie auf dem Fußweg zur Tierfabrik aufgreifen können. Einige von uns steigen bereits aus und verstecken sich ebenfalls im Gestrüpp. Der Rest parkt die Autos und kommt im Schutze der Dunkelheit nach. Wieder vereint nimmt sich jede*r von uns zwei Taschen und im Gänsemarsch laufen wir über das völlig durchnässte und abgemähte Maisfeld in Richtung Tierfabrik, deren Umrisse der Schein des Vollmondes gut erkennbar macht. 1/3 der Taschen bleibt zunächst zurück; für heute Nacht sind ganze drei Gänge geplant. Nach einem etwa zehnminütigen Fußmarsch über unwegsamen Boden kommen wir an einen kleinen Wall, hinter dem sich die Anlage befindet. Längst riecht es unangenehm nach einer Mischung aus Kot und Dreck. Hin und wieder rasseln Förderbänder in der Entfernung, auch die Lüftungsanlage dröhnt zuverlässig vor sich hin. Hin und wieder lassen dringen auch schon vereinzelte Hühnerlaute durch die Nacht. Die Person mit dem Nachtsichtgerät geht vor, überquert den Wall und überprüft die Situation: ist alles ruhig? Gibt es Auffälligkeiten? Lässt sich Infrarotlicht entdecken, das auf eine Kamera hindeuten könnte? Heute ist die Lage entspannt, es gibt keinen Grund zur Besorgnis. Die Person mit dem Nachtsichtgerät arbeitet sich langsam vor. Ihr Ziel ist die schwere Eisentür am hinteren Ende der Anlage. Vorsichtig wird die Klinke gegriffen und heruntergedrückt: die Tür lässt sich tatschlich öffnen, sie ist nicht abgeschlossen. Über Funk wird den restlichen Menschen Bescheid gegeben, die sich unverzüglich auf den Weg machen. Vorher wurden Zweierteams gebildet: bestehend immer aus einer Person, die sich die Hennen greift und eine, die die Tasche öffnet und schließt. Nach Verständigung durch Blickkontakt wird die schwere Tür geöffnet und wir verschwinden in der Anlage. Eine Person bleibt als Wache draußen. Drinnen ist es laut, muffig und die Luft scheint – trotz Lüftung – zu stehen. Da es dunkel ist, stellen wir das Rotlicht unserer Kopflampen an. Eine Landschaft verstaubter und verdreckter Gitterinstallationen wird sichtbar, durch den Lichtkegel der Rotlichtlampen schweben zuverlässig irgendwelche undefinierbaren Schmutzpartikel. Der Gang vor uns ist gesäumt von Kotschlieren und sonstigem Unrat, vereinzelt sind auch tote Hennen zu erkennen, deren Verwesung bereits eingesetzt hat und die hier abgelegt worden sind. Die Dimension der Anlage erschüttert mich, ich weiß nicht recht, wohin mit meinem Blick. Die Gitterinstallationen, hinter denen sich unzählige Hühner drängen, scheinen irgendwie endlos und geradezu so, als würden sie überhaupt nicht in den von außen überschaubaren Komplex hineinpassen. Langsam beginne ich, einen groben Überblick über diese Architektur der Effizienz zu gewinnen. Von unseren Standpunkt aus gliedert sich die riesige Halle in mehrere Abteile, die jeweils mit einem schäbigen Eisentor versschlossen sind. Hinter diesem Tor, das sich mit einem leichten Handgriff öffnen lässt, reihen sich die metallenen Käfiggitter aneinander und übereinander, auf ihnen lauter Tiere, denen ihr elender Zustand leicht anzusehen ist. Diejenigen von ihnen, die in den unteren Etagen verwahrt sind, sind mit lauter Kot ihrer über ihnen vegetierenden Artgenossen bedeckt. Vielen Hennen fehlen Federn, insbesondere im Nackenbereich und rund um die Kloake. Die Kämme der Tiere hängen schlaff herab, sie sind blass und ich verbinde mit ihrem Erscheinungsbild sogleich eine Haltung der Resignation. In meiner vielleicht zu menschlichen Wahrnehmung wirkt es so, als würden sie die Köpfe hängen lassen, sich ergeben haben. Zwischen der Masse der lebendigen Tiere tauchen immer wieder Kadaver längst verstorbener Hennen auf. Die Körper dieser Tiere wurden vom Gewicht der übrigen in die Gitter gedrückt und es scheint so, als hätte das Metall sich in sie hineingeschnitten. Es ist in einem Raum, in dem Würde nicht existiert, ein dennoch besonders würdeloser Anblick. Erst, nachdem ich diese ersten Eindrücke langsam verarbeitet kriege, nehme ich die Lautstärke bewusst war. Dieses Gegackere zehntausender Tiere, dieses Klagelied der gequälten Kreaturen. Dann teilen wir uns auf. Immer zu zweit geht es in ein Abteil, die Boxen bzw. Taschen werden vorbereitet und platziert. Zusammen mit meiner Kollegin machen wir uns daran, ein weiteres Eisengitter mühselig nach oben zu schieben, um Zugriff auf die dahinter eingesperrten Tiere zu haben. Eigentlich geschieht das automatisch, wir erledigen das in Zusammenarbeit manuell. Das Gitter ist in einem so schlechten Zustand, dass es, nachdem wir es ein paar Zentimeter nach oben geschoben haben, von allein in dieser Position verharrt, statt einfach wieder zu schließen. Das ist für uns sehr praktisch und wir ich fangen an, nach den ersten Tieren zu greifen. Die Frage, welches Individuum zu wählen ist, stellt sich nicht wirklich. Jedes hat es verdient und jeder Griff ist ein Treffer. Nach und nach füllen sich die Taschen – dass die Käfige spürbar leerer werden, ist hingegen ein Trugschluss. Immer rücken Hennen nach, alles wirkt auch nach getaner Arbeit völlig unverändert. Es sind einfach zu viele. Ein Huhn, das sich eigentlich schon in der rettenden Box befunden hat, befreit sich in einem Moment unserer Unaufmerksamkeit daraus und flieht zurück in die Anonymität der Masse. Es war gerettet und es ist unsere Schuld, dass wir es nun zurücklassen müssen. Das fühlt sich mies an, obwohl uns natürlich auch klar ist, dass jenes Tier, das dessen Platz eingenommen hat, es genauso verdient hat, gerettet zu werden. Nach weniger als 15 Minuten sind alle Transportboxen gefüllt und wir treffen uns mit den anderen Teams am Ausgang. Ehe wir per Funk Bescheid geben, fertig zu sein, vergewissern wir uns, aller Gitter wieder verschlossen und keine Spuren hinterlassen zu haben. Wir werden in dieser Nacht zwar noch zweimal wiederkommen, aber diese Art der Überprüfung gehört standardmäßig dazu. Sie muss stattfinden, damit sie immer stattfindet und so sichergestellt wird, dass keine Rückschlüsse auf unseren nächtlichen Besuch gezogen werden können. Wir geben das Signal und von außen wird die Tür geöffnet. Die ersten beiden Taschen werden entgegengenommen, den Rest tragen wir mit raus. Die kalte Luft außerhalb der Anlage schlägt mir ins Gesicht, ich genieße sie und nehme einen tiefen, langen Atemzug. Die Hühner in den Boxen bzw. Taschen sind völlig verstummt, von ihnen ist nichts zu hören. Ich hoffe, sie sind in Ordnung und dass sie bloß überwältigt sind von den Natureindrücken, die ihnen bisher verwehrt geblieben waren. Unter aufgrund der Bodenverhältnisse großer Anstrengung mühen wir uns mit jeweils zwei Taschen und sechs Tieren nach dorthin zurück, wo die übrigen Boxen stehen. Eine Person läuft zum Parkplatz und kehrt mit dem ersten Auto zurück. Das Licht ist ausgestellt und ein kurzer Funkspruch reicht, um das Signal zum Einladen zu geben. Wenige Minuten später ist der Wagen mit den geretteten Hennen auf dem Weg zum Lebenshof. Wir verschnaufen kurz, tuscheln ein wenig, besprechen, ob es Unklarheiten gab und wie wir weitermachen. Kurz darauf greifen wir uns jeweils wieder zwei leere Taschen und machen uns ein zweites Mal auf dem Weg zur Anlage, die Nacht ist schließlich noch jung.
Was bleibt
Dies ist ein subjektiver Erfahrungsbericht und ich stelle insbesondere im Hinblick auf die folgenden Worte selbstredend nicht den Anspruch auf Verallgemeinerung. Eine Tierbefreiung wie die geschilderte halte ich für einen subversiven und auf verschiedenen Ebenen lohnenswerten Akt. Zuallererst nutzt er natürlich den geretteten Tieren, die auf Lebenshöfen in den Genuss eines arttypischen Lebens kommen dürfen. Ihnen ist, anders als unzähligen ihrer Artgenossen, das elendige Dasein als sogenanntes Nutztier (zumindest ab einem bestimmten Zeitpunkt) erspart geblieben. Sie sind von einer Ware zum Lebewesen geworden und das ist wunderschön. Darüber hinaus haben Tierbefreiungen insbesondere dann, wenn sie zum Beispiel über Bekenner*innenschreiben öffentlich gemacht werden, einen agitatorischen Wert. Sie können einerseits anderen Aktivist*innen Mut machen, ihnen einen kurzen Moment der Freude verschaffen oder eine Inspiration sein. Andererseits signalisieren sie der großen anonymen Tierindustrie, dass es Momente des Widerstandes gegen sie gibt und man sich ihr und ihrem mörderischen Treiben nicht kommentarlos ergibt, ihnen stattdessen ein bisschen ÜBERLEBEN abtrotzt. Dennoch: was bei mir ganz persönlich trotz allem bleibt, ist die unsägliche Trauer über die Zurückgelassenen und die Normalität der grauenvollen Zustände. Ich kann mich für und über die geretteten Individuen freuen, kriege manchmal Bilder oder kurze Videos zugeschickt, auf denen zu sehen ist, was für ein schönes Leben sie jetzt haben. Doch diesem kurzen Moment der Freude folgt zuverlässig immer wieder diese Schwere der Frustration darüber, wie es um die unzähligen anderen in der Tierindustrie gequälten Lebewesen bestellt ist. Das lässt sich nicht einfach ausblenden und wird besonders lebendig, wenn man einmal mit alles Sinnen wahrgenommen hat, wie schlimm sich die Tierhölle selbst als passiver Beobachter anfühlt. Tierbefreiungen sind wichtig, macht sie, wo ihr könnt. Was sie aber sicherlich nicht sind, ist revolutionär. Sie bekämpfen Symptome, sind Schadensbegrenzung. An den objektiven Zustanden rütteln sie nicht.
Tails OS – eine kleine Vorstellung
Eine copy/paste Vorstellung
Ihr sicherer Computer, überall
Um Tails zu nutzen, fahren Sie Ihren Computer herunter und booten ihn von Ihrem Tails-USB-Stick anstatt von Windows, macOS oder Linux.
Sie können ihren Computer vorrübergehend zu einem sicheren Gerät machen. Sie können auch sicher bleiben, wenn Sie den Computer von jemand anderes verwenden.
Amnesia
Tails startet immer in demselben Zustand und alles was Sie machen verschwindet automatisch, wenn Sie Tails herunterfahren.
Beständiger Speicher
Sie können ausgewählte Dateien und Einstellungen auf einem verschlüsseltem Speicher auf dem USB stick speichern: Ihre Dokumente, ihre Browser Lesezeichen, ihre Emails und sogar zusätzliche Software.
Werkzeugkasten für digitale Sicherheit
Tails beinhaltet eine Auswahl an Anwendungen um an sensiblen Dokumenten arbeiten und sicher kommunizieren zu können.
Alle Anwendungen sind gleich benutzbar und mit sicheren Voreinstellungen konfiguriert um Fehler zu vermeiden.
Tor für alles
Alles was sie von Tails aus im Internet machen geht über das Tor Netzwerk. Tor verschlüsselt und anonymisiert ihre Verbindung indem sie durch 3 Relays geleitet wird. Relays sind Server die von verschiedenen Privatpersonen und Organisationen auf der ganzen Welt betrieben werden.
Online Überwachung und Zensur vermeiden
Tor verhindert, dass jemand der ihre Internetverbindung überwacht herausfindet, was Sie im Internet machen.
Sie können Zensur umgehen, da es für die Zensurstelle unmöglich ist zu wissen, welche Websiten Sie besuchen.
Tracking verhindern und die Identität ändern
Tor verhindert auch, dass die Webseiten, die sie besuchen, wissen, wo und wer Sie sind, außer Sie sagen es ihnen. Sie können Webseiten anonym besuchen oder ihre Identität ändern.
Online Tracker und Werbeanbieter können ihnen nicht mehr von einer Webseite zur nächsten folgen.
Transparenz um Vertrauen aufzubauen
Der ganze Code unserer Software ist öffentlich und erlaubt unabhängigen Sicherheitsforschern und Forscherinnen zu verifizieren, dass Tails wirklich so funktioniert wie es sollte.
Top Sicherheit kostenlos
Niemand sollte dafür zahlen müssen, bei der Benutzung von Computern sicher zu sein. Deswegen geben wir Tails kostenlos her und versuchen es so einfach benutzbar wie möglich zu machen.
Wir sind nicht auf Profit aus und wir sind eine offene Community.
Teilen, um stärker zu sein
Tails basiert auf soliden Fundamenten: dem Tor Netzwerk, dem Debian Betriebssystem, dem GNOME Desktop und all den Werkzeugen die bei Tails dabei sind.
Wir teilen unsere Verbesserungen mit diesen Projekten, damit viele Menschen durch der Arbeit einen Nutzen haben.
Eine kurze Installationsanleitung:
Wenn du auf https://tails.net gehst, findest du unter „Tails installieren“ die Image Datei von der aktuellen Tailsversion. Du wirst nach deinem Betriebssystem gefragt (Windows, MacOS, Linux). Wähl dein Betriebssystem aus und lade die Image Datei von Tails runter. Du kannst das Programm BalenaEtcher z.B. installieren, um Die Image Datei mit Tails auf einen USB Stick zu schreiben. Wenn du deinen Computer neu startest mit deinem neuem TailsStick, öffne das Bios auf deinem Rechner (häufig mit der Taste F12 beim Start; variiert je nach Laptop/Computer). Wähle im Boot Menu den USB Stick aus und der Rechner wird mit dem Tails Betriebssystem starten.
Auf anonymen Aktivismus!